Weblog & Podcast von Volker Strübing

In einem Aufwasch: Comedy, Kabarett, Lesebühnen, Poetry Slam.

Datum: 14.08.12
Kategorien: Literatur / Lesebühne / Poetry Slam

Es passiert gar nicht so selten, dass mich nach einer Lesung jemand leicht verwirrt fragt, was ich da eigentlich mache, weil ihm die passende Schublade fehlt, in die er es stecken kann. Ich würde natürlich gerne behaupten, dass das, was Lesebühnenautoren machen in keine Schublade passt, aber wenn die Schublade groß genug ist und man sich nicht daran stört, dass ein paar Ecken raushängen, passt alles. Meist kommt dann noch ein Zusatz wie: „Also, es ist ja schon Comedy oder Kabarett, aber irgendwie doch nicht, aber irgendwie doch, weil die Leute lachen.“ Comedy und Kabarett scheinen für viele die einzigen Kategorien zu sein, die für lustige Bühnenauftritte zur Verfügung stehen. Ich sage dann meistens: „Nein, Comedy ist es nicht. Wir erzählen Geschichten. Keine Witze. Auch wenn in den Geschichten Witz ist. Und nein, Kabarett ist es auch nicht. Wir versuchen mit unseren Geschichten für uns selbst ein bisschen Sinn in eine absurde Welt zu bringen, statt sie aus einer allwissenden Position zu erklären.“

Um es kurz zusammenzufassen und grobschlächtig und unfair zu kategorisieren:

Comedian: „Kennste och, wa?!“

Kabarettist: „Jetzt sag ich euch mal schonungslos eure Meinung.“

Lesebühnenautor: „Ich erzähl euch eine Geschichte.“

Die Grenzen zwischen den Bereichen sind fließend und genauso wie es großartige Comedy gibt, gibt es grauenhafte Lesebühnengeschichten (ich weiß das, ich hab genug geschrieben). Aber im Großen und Ganzen kann man das zur Abgrenzung verwenden, wenn man denn abgrenzen möchte.

Ganz schwierig wird es, wenn jemand wissen will, was denn nun Poetry Slam eigentlich ist und partout nicht begreift, dass es sich einfach um ein Veranstaltungsformat handelt. Poetry Slam ist offen für alles. Für lustige Geschichten, ernste Lyrik, Prosa, Rap, Aufrufe zur Revolution und Texte über den WG-Abwasch. Ich trete dort mit meinen Geschichten an, und die sind lustig, weil meine Texte eben immer lustig werden. ich kann nicht anders; wenn ich es gelegentlich mit einem ernsten oder traurigen Text versuche, wird das eher peinlich.

Ich liebe Poetry Slam unter anderem dafür, dass es so vielfältig ist, dass es mich davor bewahrt, nur mit Leuten aufzutreten, die so was Ähnliches wie ich machen. Ich sehe dort Leute, die Worte zu Musik werden lassen, die Wut in Schönheit verwandeln können, ohne ihr ihre Kraft zu nehmen, die Traurigkeit in Schönheit verwandeln können, ohne ihr ihren Schmerz und ihre Tiefe zu nehmen; Leute, die mit ihren Texten wirklich alle Schubladen aufreißen und alte Socken, Reizwäsche, Pullover und Krawatten wild durcheinanderschmeißen.

Toll. Und wie schön, dass ich da mitspielen darf.

(Und wie passt das jetzt zusammen? Abstimmungsboxen beim Comedy-Slam in Dresden. Von links nach rechts:  Nektarios Vlachopoulos, Andy Strauß, icke, Jan Philipp Zymny, ein Wasserkocher, Silvester Klement)

(VS)

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