Ich weiß nicht so recht, wie ich mit Fotos umgehen soll, auf denen Leute zu sehen sind. Es sei denn es sind Leute, die ohnehin im Rampenlicht stehen, aber sogar da tue ich mich schwer. Es ist gar nicht so die Angst, etwas Verbotenes zu tun – ich finde es auch einfach unhöflich, Fotos von Leuten zu posten ohne deren Einverständnis. Hab mich hier für die Google-Street-View-Variante entschieden.
Ich saß mit MichaEbeling im Manolo; wir redeten über Tem-Texte, da wir unser Slam-Team Team LSD (mit dem wir zweimal die deutschsprachigen Meisterschaften gewonnen haben, hey, ho!) wiederbeleben. Gedämpftes Gemurmel, leises Apple-Tatastaturgeklapper und das Klingeln von Löffeln in Latte-Macchiato-Gläsern legte sich über eine Tapete aus bassbefreiter Loungemusik, nur das Fauchen des Milchaufschäumers störte gelegentlich die gemütliche Penzlauer-Berg-Harmonie. Die Frauen waren hübsch, die Männer waren hübsch, und wer nicht hübsch war, der sah zumindest so aus. (Das ist nur scheinbar ein blödsinniger Satz.)
Und dann kam: Die Oma.Die Trümmerfrau. Die Gentrifizierungsbremse. Und drückte ihre Nase an der Scheibe platt, keine zehn Zentimeter von der Nase der jungen Dame mit dem Knoten im Haar entfernt. DAS war das Bild, dass ich gern gemacht hätte, aber leider hab ich es verpasst. Eine ganze Weile schaute die Alte in die fremde Welt hinein. Wie sich das wohl anfühlt? Wenn sich um einen herum alles verändert und man vieles nicht mehr versteht? Was sind denn das für komische Dinger, die die jungen Leute immer streicheln? Und dann dieses Internet, dass das noch nicht verboten ist! Wie, 2,80 für so einen komischen kaffee mit Schaum, woher haben die jungen Leute denn soviel Geld?
Gut, das lege ich ihr in den Mund, besser gesagt in den Kopf, aber sie wirkte einfach vollkommen fehl am Platz an der Eberswalder Straße und an der Schaufensterscheibe des Milchcafés. Dabei dachte sie wahrscheinlich, dass alle anderen seltsam sind. Irgendwann werde ich herausfinden, wie sich das anfühlt, oder? Aber vielleicht werde ich ja auch ein voll cooler Greis, wer weiß? So mit Sedgeway und Google Glass und Twiutter-Account oder was immer dann modern ist.
Vor zwei Wochen habe ich einen Film gesehen: Prenzlauer Berg – Begegnungen zwischen 1.5. und 1.7.1990. Ein paar sehr schöne Impressionen aus den letzten Tagen der DDR. Damals wäre sie nicht aufgefallen.
Ich hatte diese Woche noch zwei Ausflüge in die Vergangenheit. Am Samstag fuhr ich zu Familienfeierlichkeiten in meine alte Heimat nach Berlin Marzahn und die Tage davor schaute ich für ein kleines Geschenk alte Fotos durch. Es fällt mir schwer, aber ich verkneife mir, jetzt lustige Kinderfotos zu posten, die ich dabei gefunden habe. Und was Marzahn angeht, da verweise ich auf einen älteren Beitrag. (Unten in der Zugabe sind dann aber doch drei aktuelle Marzahn-Fotos.)
Am Ende einer Wendeltreppe eine lebensgroße Figur aufzustellen ist ziemlich fies. Ich bin jedenfalls auch beim dritten oder elften Mal hochgehen noch darauf hereingefallen und habe danke gemurmelt, weil er mich durchgelassen hat.
Das Foto entstand Backstage im Kammgarn in Kaiserslautern, wo ein Dead-Or-Alive-Slam stattfand, der für den SWR aufgezeichnet wurde. Da er noch nicht ausgestrahlt wurde, darf ich leider nicht verraten, dass ich ihn gewonnen habe. Der seltsamste Moment war sicher, als ich das erste Mal auf die Bühne musste, direkt nach einem Schauspieler, der sehr eindrucksvoll einen Text von Wolfgang Borchert über das Sterben in Russland vortrug. Ich finde Borchert sehr, sehr gut und fühlte mich nicht ganz wohl damit, danach einen text zu machen, der … naja, eben so war, wie Texte von mir sind. Das Publikum freute sich jedoch sehr über das was ich machte und manchem Slamkritiker wird das wohl all seine Vorurteile über Poetry Slam bestätigen. Ich kann dazu nur sagen: Ich würde mich nie mit Borchert messen wollen, es ist absurd mich mit ihm zu vergleichen, aber solche Absurditäten gehören halt zum FORMAT Poetry Slam, und ja: Ich glaube meine Texte sind besser geeignet für den Slam als Borcherts. Ich habe sie auch dafür geschrieben. Spiel mal Bach in einer Disko und die Tanzfläche ist leer. Was sagt das über Bach aus? Nichts. Und heißt das, dass bei Diskos nur blöde Musik gespielt wird? Natürlich nicht. Gegen Goethe hatte ich es übrigens schwerer.
(Mannmannmann, jetzt fang ich schon an, michh zu verteidigen, ohne dass mich jemand angegriffen hat!)
Der Slam wird am 15.2., 20.03 Uhr in der SWR Kulturnacht ausgestrahlt. Und ausgeströmt oder wie man das nennen will, damit auch die Menschen in Berlin, Tokio und Pasewalk zuhören können, was sich, wegen der tollen Poeten und Schauspieler, auf jeden Fall lohnt! (LINK)
Kann mir bitte irgendjemand sagen, ob diese Gebäude (unser Hotel in Kaiserslautern) gut oder hässlich aussieht? Ich weiß es wirklich nicht!
Eigentlich bin ich ja schnell und gnadenlos in meinem Urteil über Gebäude, aber mancchmal stehe ich vor einem Rätsel. Irgendwie ist es ja ganz cool.
Dieser Wochenrückblick hat wie das ganze Weblog ein Problem: Die schönsten Geschichten erzähle ich nicht, weil sie privat sind. Was es mit diesem Glas auf sich hat und wo ich es geleert habe muss ein Geheimnis bleiben. Wer will, kann sich etwas ausdenken.
Soviel sei verraten: Es war in Bayreuth. Dort war ich Spezialgast beim Hate-Slam: Redakteure des Nordbayerischen Kurier lasen die schönsten, also in der Regel die schlimmsten Leserbriefe vor, die sie bekommen haben. Das war teilweise sehr lustig, oft aber auch beängstigend. Unglaublich, was da so vor sich hinbrodelt in gemütlich eingerichteten deutschen Wohnzimmern. (Video vom Hate-Slam)
(Stuhlmosaik, Zentrum, Bayreuth)
(Hier musste ich keine Gesichter verwischen, das haben Max Kennel und David Friedrich schon selbst besorgt. Scharf ist dagegen die wütende Fratze des Ventilators, der drauf und dran ist David in die Käsemauken zu beißen! – Backstage Rosis Slam, Friedrichshain)
Weil er so schön ist, gleich nochmal (sieht ein bisschen aus, als sei der Ventialtorendesigner von Munch inspiriert worden, oder?):
Zugabe:
(Abendsonne kann was. Da ist sogar der Hauptbahnhof schön.)
(Krähen-Kolibris, Bayreuth)
(Das sieht für mich aus wie eine Fotomontage. Sogar, wenn ich dort stehe: Da fehlen zwei Punkthochhäuser und meine Schule!)
Aus dem oben erwähnten Film: Herbst in Peking im Mauerpark, bevor er der Mauerpark wurde:
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=gbVZjXHTg24]
Bei meinen im Moment langweiligen rumstehen mit meinem Taxi an der Frauenkirche in Dresden ( keine Turis, es gibt nicht’s zu sehen ) sind Deine Bilder der Woche 06 /14 eine herzliche Abwechslung. Wunderbar geschrieben!!!
Freue mich aus die nächsten Bilder
Peter