Und ob ich über die Hitze schimpfen darf! Warum denn nicht? Was sind das für Leute, die sagen: Es hat so lange gedauert, dass es warm wird, da solle man jetzt doch bitte schön froh sein und nicht meckern? Eben!, sage ich da. Es hat so lange gedauert! Ich musste bis Mitte Juni warten, um endlich über die Hitze schimpfen zu können, da lass ich mir das doch jetzt nicht von ein paar Lebensfreudediktatoren madig machen!
Und wer weiß überhaupt, wie lange es so bleibt! Vielleicht ist das die einzige Chance dieses Jahr über die Hitze zu schimpfen, und die soll ich mir entgehen lasssen? Ich bin doch nicht blöd.
Na gut, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Doch, ich bin blöd – wegen der Hitze! Der Hirnschweiß verklebt mir die Synapsen. Das ist kein Wetter zum Denken. Für alle schönen und wichtigen Sachen ist es zu heiß. Man kann nicht denken, nicht arbeiten, nicht spazierengehen, nicht schlafen; Essen macht keinen Spaß, sich gemütlich in eine dicke Daunendecke einkuscheln und fernsehen auch nicht; man mag nicht tanzen, nicht joggen, nicht schreiben. Kein Wetter für nichts Schönes. Wer unbedingt will, kann sich in Freibädern der massenhaften Rückverwandlung der vermeintlichen Krone der Schöpfung in eine primitive amphibische Lebensform anschließen und dicht an dicht auf den Laichplätzen herumlungern, aber davon abgesehen ist das einzig Schöne, was man bei dieser Hitze machen kann, auf die Hitze zu schimpfen und das darf uns niemand verbieten!
Ich bezeichne mich ja gerne als Klima-Gourmet. Die kulinarische Entsprechung zu „Hauptsache schön heiß und die Sonne scheint!“ wäre doch wohl „Hauptsache schön fettig und mit möglichst viel Geschmacksverstärker, denn die brauche ich, weil ich selbst keinen Geschmack habe!“ Solche Leute hüpfen dann natürlich bei einem derartigen BigMäc-Wetter mit buntkarierten kurzen Hosen und irrem Lächeln durch die Gegend und erinnern überhaupt erschreckend an Ronald McDonald.
Nein, ich bin Wetter-Feinschmecker. Es gibt einige wunderbar abgestimmte Kompositionen aus Temperatur, Sonneneinstrahlung, Wolkenbildung, Niederschlag etc., die ich über alles liebe, doch sie sind rare Köstlichkeiten und kommen vor allem in den Jahreszeiten vor, die Genießern, Feingeistern und Kulturmenschen die liebsten sind: Frühling, Herbst und Winter.
Leider haben es Menschen wie ich nicht leicht, auf ihre Bedürfnisse wird wenig Rücksicht genommen. Seit Jahren war offenbar schon kein Geld für einen vernünftigen Frühling mehr da. Was an Temperatur zur Verfügung steht, wird nicht mehr sinnvoll über das Jahr verteilt, sondern in bratzelnde Sommerwochen gepumpt, Hauptsache schön heiß und fettig, so wollen es die Massen! Dann hats im April halt nur 3 Grad und den ganzen Regen tun wir in den Mai rein, und ich will hier wirklich keinen Verschwörungstheorien aufstellen, aber man fragt sich schon, wem es nutzt, wenn die Hitze den Menschen das Gehirn wegbrennt und sie in tropfende, dahinvegetierende Sonnencremezombies verwandelt, deren IQ nur knapp über der Tageshöchsttemperatur liegt.
Aus gegebenem Anlass ein Kloß-und-Spinne-Repost
[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=pRLqTRmZkls]
PS: In zwei Wochen bin ich wieder in Berlin. Dann wird bestimmt auch wieder mehr geschnipselt.
“In zwei Wochen bin ich wieder in Berlin.”
Das wird aber auch Zeit, denn es-hat-Floskeln (“Dann hats im April halt nur 3 Grad[…]”), solltest Du Dir wieder abgewöhnen.
Ach, des bassd fei schon. So a weng neig’schnipseltes Süddeutsch is doch a schöne Bereicherung!
Zur Erinnerung ein Lied aus der alten Heimat.
http://www.youtube.com/watch?v=Zq5KGv6C7Ig
Jetzt gucken alle komisch, weil ich bei dem Duett so laut gelacht habe. Scheißegal – war es wert. Herzlichen Dank für großen Spaß!