Meine tolle Nichtraucher-App verrät mir, dass ich jetzt, in diesem Moment, seit 256 Tage, 18 Stunden und 50 Minuten insgesamt 6487 Zigaretten nicht geraucht und dabei 929,80 € gespart habe. Eine andere App kommt mit denselben Eingabewerten auf 941,5623 € und 6419,74 nicht gerauchte Zigaretten. Egal. Ne Menge jedenfalls. Das Geld für meine beiden neuen Fahrräder habe ich also gerade wieder reingenichtraucht, das ist doch toll. Außerdem habe ich laut der zweiten App Zwei Tage, sieben Stunden und eine Minute an Zeit gespart, aber das ist Quatsch, weil ich die meisten von den 6500 Zigaretten soweiso nebenher bei irgendwas geraucht hätte ohne sie wirklich wahrzunehmen.
Ich würde nicht so weit gehen zu behaupten, dass es sich wegen der Freude über die steigenden Zahlen in der Nichtraucherapp, ein hinreichender Grund sind, mit Rauchen anzufangen, um später wieder aufhören zu können. Aber wenn man schon Raucher ist, dann sollte man sich das Glück des Aufhörens nicht entgehen lassen. (Ich bitte um fruendliche Würdigung der Tatsache, dass ich auf bei Mark Twain abgeklatschte Witze der Bauart: „Darum höre ich zwanzigmal am Tag auf“ verzichte, danke.)
Es ist nicht mein erstes Mal. Ich habe einmal dreieinhalb Jahre und zweimal je ein Jahr nicht geraucht. Das letzte Mal liegt schon 6 Jahre zurück. Meine Methode hatte ich immer bei Allen Carr abgeschaut, umso dööfer mit Doppel-Ö war es, dann wieder anzufangen, da Carr den Rückfall zur größten anzunehmenden Katastrophe erklärt. Wenn man aufhört, solle man sich schwören für immer aufzuhören oder auf ewig in der Hölle zu schmoren.
Mit diesem Extremismus kann ich nicht mehr soviel anfangen. Jetzt halte ich es lieber mit zwei anderen Menschen, die mir zum Vorbild geworden sind: meinem Vater und Micha Ebeling. Mein Vater hat (nach etlichen vergeblichen Versuchen) vor mittlerweile bestimmt 15 Jahren erklärt, er würde jetzt mit Rauchen aufhören. Aber nicht immer, nö, nur bis zur Rente, wenn er dann später im Schaukelstuhl sitze, dann wolle er auch wieder rauchen und so gäbe es etwas worauf er sich im Alter freuen könne, wo doch die meisten Menschen Angst davor haben alt zu werden.
Inzwischen ist er in Rente, sitzt nicht im Schaukelstuhl und raucht noch immer nicht, weil er schlicht und einfach keine Lust mehr auf den Quatsch hat. Aber der Gedanke: Irgendwann in vielen Jahren rauche ich wieder, der hat ihm vor vielen Jahren sehr geholfen.
Um einen ähnlichen Gedanken dreht sich Micha Ebelings Buch „Lunge, komm bald wieder“ (satyr Verlag), das genauso lustig ist, wie sein Titel verspricht, darüberhinaus aber auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Rauchen und mit anderen Aufhörmethoden (insbesondere der von Allen Carr). Bei Micha geht es um Rauchpausen, die einige Tage oder viele Jahre lang sein können. Ich will nicht behaupten, dass ich nach seinem System und seinem Buch vorgehe, aber es hat mich bei meinem jetzigen Rauchstopp inspiriert. Ich habe nicht für immer aufgehört, sondern bis zu dem Tag, wo ich beschließe wieder mit Rauchen anzufangen. Wenn ich in Rente bin und im Schaukelstuhl sitze, denke ich …
Das Buch von Micha ist aber nicht nur für Raucher und Exraucher und Co-Raucher interessant. Für mich die tollsten Passagen sind die, in denen Micha seine Raucherbiografie erzählt, mit Witz und Sprachgewalt, wie man es aus seinen besten Geschichten kennt. Das ist ganz nebenher noch ein toller Mini-Comig-of-Age- und Coming-out-of-the-deepest-DDR-Provinz-Roman, für den allein sich das Buch schon lohnt. Und es kostet gerade mal so viel wie zwei Schachteln Kippen …
Viel Spaß bei Lesen – und viel Erfolg mit der Rauchpause, falls ihr Raucher seid!
Das Buch gibt’s überall , aber ihr kauft es hoffentlich in einer schönen Buchhandlung oder online beim Landbuchhändler des Vertrauens.
987,48 € – 3.798 nicht gequalmte Zigaretten … hätt’ ich gewusst, dass man woanders über 6.000 Zigaretten für das Geld bekommt, wer weiß ob mir Allen Carr noch hätte helfen können ;-)))
Halte durch!!! … zumindest bis zum Schaukelstuhl