Weblog & Podcast von Volker Strübing

Anno 2009

Datum: 6.01.09
Kategorien: Zumutungen

Ich bin so blöd, echt! Am 31.12 18.00 Uhr habe ich endlich mein Rohmanuskript an den Verlag geschickt und dachte, dass ich mir mal drei, vier Tage Nichtstun erlauben kann – Pustekuchen! Irgendein Idiot (ich selbst um genau zu sein) hat mir zu Weihnachten das Aufbaustrategiespiel “Anno 1701” geschenkt. Dabei hätte ich doch von “Die Siedler 3” wissen müssen wo das hinführt. 2008 war das erste Jahr seit anno sonstewann, in dem ich nicht drei Wochen oder länger komplett weg vom Fenster war, weil ich von dem Scheißspiel nicht losgekommen bin und da dachte ich, ich könnte es mal wieder probieren und vielleicht habe ich ja Glück und “Anno 1701” ist total doof und ich schmeiße es nach 3 Stunden wieder von der Festplatte. Nix da. Eigentlich wollte ich gestern wieder ins Leben zurückkehren, aber ich sitze immernoch an dem Mist. Aber morgen ist Schluss! Oder übermorgen!

Wenn es wenigstens entspannend wäre! Stattdessen muss man sich konzentrieren wie ein Fluglotse, sonst brennen einem die Bürger die Stadt nieder, weil der Alkohol alle ist oder der Tabak oder auch die Nahrungsmittel. Und nachts legt man sich ins Bett und kann nicht einschlafen, weil man über die Optimierung der Handelsrouten nachdenkt und dazu im Hinterkopf den Soundtrack zum Spiel hört. Um überhaupt schlafen zu können, muss man sich entweder völlig betrinken oder stundenlang lesen. Ich lese gerade “América” von T.C. Boyle. Sehr spannend, vielleicht ein bisschen zu konstruiert, vor allem aber extrem deprimierend. Auf dem Rücken des Buches steht ein Zitat von einem Reed Stillwater aus der Taz: “Bittere Situationskomik, die noch im Moment der Katastrophe zum Lachen reizt” – das muss ein Druckfehler und eigentlich für ein anderes Buch gedacht gewesen sein. Oder ich habe über dem Compuzterspielen meinen Sinn für Humor komplett verloren. “América” kann man nur lesen, wenn man parallel irgendeinen fröhlichen Schmöker schmökert, um sich ein bisschen aufzumuntern. Kafka oder Houllebecq oder so. Ich lese parallel: “I hate myself and I want to die” – ein Buch über “die 52 deprimierendsten Songs aller Zeiten”. Ich habe aber den Eindruck, der Autor meinte eigentlich die 52 schlechtesten Songs aller Zeiten, er schimpft über schnulzige Texte, eintönige oder schräge Musik, jaulenden Gesang und so und das sehr lustig. Die Lieder über die ich bis jetzt etwas gelesen habe, kannte ich meistens nicht und wenn, dann fand ich sie auch doof. Laut Inhaltsverzeichnis nimmt er sich auch noch “Love will tear us apart” von Joy Division vor. Mal gucken, was er darüber schreibt, danach entscheide ich, ob mir das Buch gefällt.

So, und jetzt werde ich rasch meine Armee aufbauen und endlich Gräfin Agatha von Thielen überfallen.

Euch ein frohes neues Jahr und viel Spaß im sogenannten wahren Leben!

(Volker Strübing)

6 thoughts on “Anno 2009

  1. Ich lese grade “Das Paradies am Rande der Stadt”.

    Kann noch nicht ganz zwischen Schlammstadt und Berlin (gibts das ueberhaupt noch?) unterscheiden. Mal sehen ob ich noch herausfinde, was ein -hab ich vergessen- ist (Manilpe oder so). Das mit der Fussnote, dass es schon im gleichlautenden Roman vorhergesagt wurde.

    Und meinen geplanten Text: Das Leben 2.0 kann kann ich jetzt nicht mehr schreiben. Klaenge dann abgekupfert.

  2. Meine Eltern hängen auch dauernd vor Anno. Lebten schon in den Vorgängern ihr wahres Leben. Mir persönlich sind Aufbauspiele aber viiieeel zu stressig.
    Viel Spaß noch beim Warenabläufe Optimieren!

  3. Das ist echt furchtbar oder? Mich erwischt es hin und wieder auch mit Siedler 3, Die Gilde oder Caesar III. Und wenn man dann einmal angefangen hat kann man auch morgens um 2 nicht aufhören und denkt “nur noch geschwind diesen Teil hier ein wenig verbessern…” und dann ist es draußen wieder hell

  4. Naja, gut zu wissen, dass man nicht der einzige Depp ist, der mitunter von sämtlichen Bildflächen verschwindet und über sehr merkwürdige Sachen beim Einschlafen nachdenkt – allerdings gehen meine eher in Richtung Schiffe versenken, Aufgaben erledigen, Anderen helfen und Schätze ausbuddeln. Die Hintergrundmusik schalte dann doch aus… Sollte man sich eigentlich sorgen machen, wenn der (eigene) -ich nenne es mal- Charakter schon eine eigene Geschichtenreihe (bzw. Bühnenauftritte) kriegt?
    May the fair winds be always at your back
    Yours
    Bartholomew Darkrage…..äh….Dörte

    (P.S. Aber so richtig ist dieses Wetter ja auch nicht dazu gemacht, das Haus zu verlassen, oder?)

  5. Agatha von Thielen ist aber auch wirklich nervig!

    Da hat man es gerade mal fertig gebracht, seine Produktion so einzurichten, dass man autark leben und auf Importe verzichten (dafür aber kräftig exportieren) kann, da hat die Alte schon 35 Inseln besetzt, die man nachher, wenn ihr Aufstieg zu stagnieren beginnt, mühsam nach einander vernichten muss. Friedlich bin ich der gegenüber schon lange nicht mehr.

    Liebe Grüße, bau deine Straßen nicht zu lang und achte darauf, alle Marktplätze durch jene höchster Stufe zu ersetzen,
    André

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