Weblog & Podcast von Volker Strübing

Schornsteinfeger bringen Pech

Datum: 22.01.09
Kategorien: Rauchen, Unterwegs, Zumutungen

Ich bin ja selber Schuld. Ich hätte nie, nie, nie mit Rauchen auffhören dürfen! Man soll das Schicksal nicht herausfordern. Hatten mich nicht alle gewarnt? Habe ich nicht genug schlimme Geschichten über Ex-Raucher gehört? Da gab es die von dem Mann, der seine letzte Zigarette ausdrückte und prompt sieben Jahre später von einem Auto überfahren wurde. Andere glaubten schon, dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen zu haben und starben urplötzlich mit 85 Jahren an Altersschwäche. Wieder andere gewannen nie mehr einen Lottojackpot oder das Marmeladenbrot fiel ihnen auf die belegte Seite!

Nachdem mein erster Nichtrauchernachmittag sich zur Hölle auf Erden auswuchs nicht ganz so schön wurde, wie ich es geplant hatte, wollte ich es heute ganz anders machen: Ich holte mein Fahrrad von einer Reparatur und gründlichen Überholung (190,-Euro), mein gutes altes Fahrrad, an dem inzwischen bloß noch der linke Schalthebel, der Lenker und der Rahmen original sind (vielleicht ist auch bloß der linke Schalthebel noch wirklich original, vielleicht waren Lenker und Rahmen schon Ersatzteile, als ich es 1999 für 800 Mark gebraucht kaufte). Das zweitälteste Ausstattungsstück ist ein kleiner Blutfleck an der Unterseite des Lenkers, von einem bösen Sturz im weinbergspark vor fünf oder sechs Jahren. Nee, geputzt habe ich es nie. Aber inzwischen wahrscheinlich das fünffache des Ausgangspreises in Reparaturen und diese ständig kaputtgehenden oder verschwindenden Fahrradcompüterchen gesteckt, ohne die das Fahrradfahren einfach keinen Spaß macht und einem vollkommen sinnlos erscheint, weil man zwar von A nach B kommt, aber keinen greifbaren Beweis  und keine Belohnung in Form einer Tagesgesamtstreckenanzeige hat, und meistens fährt man ja von B dann auch wieder zurück nach A, und was bleibt einem dann ohne Fahrradcomputer?

Egal.

Das erste mal bin ich erst nach ungefähr 6 Kilometern hingefallen. In einem Park irgendwo in oder hinter Pankow. Die Weg waren spiegelglatt, da ging gar nichts mehr, aber zum Glück war ich sehr langsam und der Sturz nicht schlimm.

So sah der Park aus:

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Dann fuhr ich weiter, irgendeine Straße entlang, keine Ahnung wo ich war. Vielleicht sollte ich den Fahrradcomputer gegen ein Navi austauschen? Dann wäre Fahrradfahren noch schöner; wahrscheinlich sogar das Allerschönste auf der ganzen Welt. (Gleich nach Rauchen, aber das mache ich ja nicht mehr.) Jedenfalls: ich so mit dem Fahrrad voll ordnungsgemäßmäßig aufm Fahrrradweg gefahren. Überholt mich so n Auto. Fährt das Auto auch auf den Fahrradweg und parkt vor mir, denn merke: Ein weißes Fahrrad im blauen Kreis bedeutet in Wirklichkeit nicht “Fahrradweg”, sondern “Sonderparkzone für Autos”, das lernt man gleich am ersten Tag in der Fahrschule (nehme ich zumindest an, denn schließlich scheint das die einzige Regel zu sein, an die sich alle Führerscheininhaber erinnern). Fahr ich also von der Sonderparkzone runter. Aber nicht etwa auf den richtigen Fahrradweg (der ist meist nicht extra ausgeschildert, wird aber manchmal durch Leute gekennzeichnet, die lustigerweise “Das ist KEIN Fahrradweg” sagen), sondern auf die Straße, weil ich sonst durch einen Baum hätte fahren müssen. Fröhlich fliegt die Fahrertür des Autos auf – aber nicht bös gemeint, sondern so, dass ich noch ausweichen kann, sogar ohne von einem erbarmungslosen Strom nachfolgender Autos plattgewalzt zu werden – und dem Wagen entsteigt: ein Schornsteinfeger!

Ich denke, aha, ein Schorrnsteinfeger (oder so, irgendwas werde ich schon gedacht haben, man denkt ja ständig irgendwas und oft ist es eben sowas banales wie: “aha, ein Schornsteinfeger”) und will wieder von der Straße runter, ah! da ist ja eine Auffahrt, ach nee, doch nicht, da haben sie eine kleine, nur ein paar halbe Zentimeter hohe, fast unsichtbare Kante übriggelassen, aber bei dem spitzen Winkel, mit dem ich sie nehme, fährt mein Vorderrad einfach weiter auf der Straße, während das Hinterrad von der Straße herunter will und es gibt ein lustiges Schabegeräusch und dann ein lustiges Hinfallgeräusch und dann ein lustiges Huch-Geräusch von mir und ein Schornsteinfeger läuft an mir vorbei und fragt: “Geht’s?” und ich sage: “Ja”.

Und dann stehe ich auf und stelle fest, dass es nicht geht, zumindet wenn “es” den linken Schalthebel meint, das einzige, was von meinem Originalfahrrad noch übrig ist. Und dann fällt mir ein, dass ja eigentlich der Schornsteinfeger Schuld ist, dass mein Fahrrad kaputt ist und mir Hand und Knie weh tun und ich frage mich, ob ich ihn dafür ankacken kann und soll und will, aber ich frage mich das erst, als er schon auf dem Friedhof verschwunden ist, denn – das habe ich noch gar nicht erwähnt – all das spielt sich vor einem evangelischen Friedhof ab, und ich habe keine Lust, den Friedhof nach ihm abzusuchen, vielleicht ist er ja auch zum Sterben hingegangen und dann will ich ihn da auf keinen Fall bei stören, aber wahrscheinlich guckt er bloß nach, ob beim Einäschern die Emisionsgrenzwerte nicht überschritten werden oder so.

Wäre der zu Schadenersatz oder so verpflichtet gewesen?

Jeddenfalls hatte ich danach dann nicht mehr so große Fahrradfahrlust, zumal ich vorne nur noch auf dem kleinen Zahnkranz herumschleichen konnte und mich nocheinmal hinpackte, als der herumschlackernde Baudenzug (der glaub ich anders geschrieben wird) sich in der Pedale verhedderte.

Aber dafür hat der Rosenkohleintopf aufgewärmt viel besser geschmeckt als heute. Und morgen kann ich mein Fahrrad auch schon wieder aus der Reparatur holen und mich in neue Abenteuer stürzen. Weiß jemand wo’s billige Navis gibt?

(Volker Strübing)

PS: Mannmannmann, in der Zeit, in der ich den ganzen Kram hier geschrieben habe, hätte ich auch 10 Zigaretten rauchen können. Aber nee! Ich Trottel muss ja ausgerechnet mit Rauchen aufhören!

17 thoughts on “Schornsteinfeger bringen Pech

  1. Das mit dem Bowdenzug (oder so) hatten wir hier doch schon Mal, oder? Mit so richtig viel Erklärungen und Biographien von dem Herrn Bauden oder Bowden oder so, dem auch was am Fahrradfahren fehlte und deswegen extra diesen lustigen Zuch erfand…

    Das mitm Fahrradcomputer ist schon toll und wenn man erstmal mit gefahren ist, schmeckt “mit ohne” auch irgendwie fad, aber schlimmer ist es meiner Erfahrung nach noch, wenn man mal eines dieser tollen aber sündhaft teuren Liege-Dreiräder ausprobiert hat. Wenn man auf so nem Ding von A losfährt, interessiert einen B schon gar nicht mehr…

    Viel Erfolg noch beim Sauberbleiben!

  2. ieh rosenkohl. wie kann man nur…vielleicht ist einfach das die quelle allen übels. wer rosenkohl ist, hat es auch bitter im leben oder so…^^

  3. Naja, “ist” stimmt auch irgendwie, vor allem wenn man erst in einem Eintopf und dann in Volkers Magen landet.

  4. ich hab ja heute im Bürgerpark in Pankow auf einem Weg ganz aus Eis jemanden auf vom Fahrrad rutschen sehen, aber unauffällig wegeschaut, um es nicht noch peinlicher zu machen. Mein Hund hat sich allerdings gekringelt vor Lachen…

  5. Ja, aufgewärmt ist Eintopf erst so richtig lecker. Ach Rosenkohl, die Rose unter den Kohls! Hast Du ein besonderes Rezept dafür?
    Und Volker – Kopf hoch: Du hast schon öfter mit dem Rauchen aufgehört, Du schaffst es auch diesmal wieder!

  6. emisionsgrenzwerte beim enäschern XD *tränenlach*
    danke volker du hast mal wieder meinen tag gerettet
    und freut mich das du mit rauchen aufhörst^^ ich habs immer noch nicht geschafft anzufangen, ich bin einfach zu schwach ;)

  7. natürlich schadenersatz nach § 823 Abs. 1 BGB. Da es Straßenverkehrsrecht ist, kannst du dich auch auf des Schornsteinfegers Kosten sofort an einen Rechtsanwalt deines Vertrauens wenden.

    Wirklich zu empfehlen aber nur, wenn Du einen Zeugen hast. Nächstes Mal Polizei rufen; Sicherheitshalber, man weiß ja nie, was für Schmerzen nach 2-3 Tagen kommen. Und auf den Reparaturkosten willst du sicher auch nicht sitzen bleiben.

    Jetzt ist es wohl zu spät. Bravo zum Rauchende!

  8. Ne Zeugin gabs. Gegenüber war so n Laden, aus dem ne freundliche ältere Frau rausgelaufen kam, die Hände an die Wangen gepresst, die Augen weit aufgerissen, die wissen wollte, ob alles mit mir in Ordnung sei …
    Naja, nächstes mal ;)
    “Rauchende” ist übrigens ein schönes Wort. Erinnert mich so an “Rauchende Colts”, eine dieser Fernsehserien, die mich als Kind zu einem echten Mann oder auch nicht gemacht haben.

  9. Jaja, das sind so Geschichten, die das Leben schreibt (wobei mir eben auffällt, dass ja Volker und nicht das Leben sie geschrieben hat, na, egal).

    Tut mir echt leid, dass das so gelaufen ist (wobei mir eben auffällt, dass es ja eher ums Fahren und Fallen und niht ums Laufen ging, na, egal). Hätte aber dieses Unglück nicht vermieden werden können? Man soll doch einem Schonsteinfeger, der auf dem Fahhradweg parkt, schnell mal einen Schlag ins Gesicht versetzen, das soll Glück bringen … also weniger dem Schornsteinfeger. Nächstes Mal also spontaner reagieren bitte.

    Sollte ich jetzt nicht noch einen aufmunternden Gedanken hinzufügen? Ich probiers mal. Wenn das so weitergehen sollte mit der ständigen Fahradrepariererei und so dürfte eigentich gar kein Geld mehr für Fluppen übrig bleiben, oder? Also hurtig hinaus, es soll wieder Blitzeis geben und irgendwo müssen sich diese Schornsteinfeger ja herumtreiben, die sind ja nicht ständig auf dächern oder in Krematorien unterwegs.

  10. Billige Fahrradcomputer gibts immer mal wieder bei Tchibo oder Aldi. Wenn per Funk betrieben, Achtung: Die zählen auch gerne in der S-Bahn oder in der Nähe von Mobilfunksendern weiter!

  11. Also ich hab an meinem Fahrrad einen guten, alten Bautenzug. Vielleicht kennt der eine, oder auch der andere, noch diesen Palast am Schloßplatz, despektierlicherweise als Erichs Lampenladen verschrien – tja da hatt ich mich irgendwie verschaltet, nu isser weg, tut mir leid… Ist halt gefährlich dieser niemand-weiß-wirklich-wie-man-ihn-richtig-schreibt-zug. Meistens ist er aber pünktlich. Und man kommt für 5,10€ durch ganz … – also wer will; ich nich.
    Dabei fällt mir wieder auf, das der gute alte Prenz’lberg immer noch das Fahrradfahrerparadies zu sein scheint,Uraltblutflecken, werkstattrepariert, neue Bauteile – hier im Hain ist das Rad schon längst geklaut, bevor man ihm irgendwelche nicht originalen Teile hinzufügen könnte.
    Das sind doch alles Luxusprobleme, morgen verschlaf ich auch das Frühstück, und beschwer mich dann über den unerträglichen Hunger…

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