Dort, wo hinter einem schmutzigbraunen Schilfgürtel das zugefrorene Haff und der Himmel eins wurden,
wo die kahlen Ästchen knorriger Bäume wie Sprünge in einer Milchglasscheibe wirkten, wie Wurzeln, die im Nichts nach Halt und Nahrung suchten,
wo der Schnee immer ein paar Tage länger liegen blieb und sich die Spuren der Rehe auf den Feldern in endlosem Grau verloren,
dort, unter einer Kuppel aus mattem Glas,
wo laut Wetterbericht „Dichternebel“ herrschte,
wo es so still war, dass man die Tropfen, die das Tauwetter von den Bäumen fallen ließ, zählen konnte,
wo der Flügelschlag einer Blaumeise Fluglärm war und der Klang der Kirchenglocken des nächstgelegenen Dorfes nur dumpf und erschöpft durch den Nebel drang, als habe er mit letzter Kraft einen letzten Menschen gesucht, in dessen Ohren er endlich sterben konnte,
dort, wo man die Einsamkeit nicht mit Tausenden teilen musste, wo allein sein nicht Schicksal, sondern Verheißung war,
dort, am Ende der Welt,
wo das Ende der Welt jeden Schrecken verlor, da es nur hundert Schritte vor einem begann und Nichts war, Nebel, eine leere Leinwand, weder Paradies noch Hölle, ein Nichts, dass alle Fehler und Sünden verschlucken würde, wenn man die hundert Schritte nur schneller liefe, als das Nichts vor einem fliehen konnte,
dort, fernab vom Tosen der Stadt, ihren Lichtern, ihren Farben, ihren Menschen,
dort, im Land der Stille, wo die leisen Geräusche Asyl gefunden hatten,
wo Zeit verging und nicht verschwand,
wo Dinge nicht passierten, sondern waren,
dort, wo man nichts brauchte als einen Kamin, Hühnerbrühe und einen guten Rotwein … dort gab es blöderweise auch einen Fernseher und das Handy meldete mit einem fröhlichen „Bi-ding“ ein offenes WiFi-Netzwerk. Es war trotzdem schön.
(Volker Strübing)
Schön.
eine schöne, nicht zu krasse Kurve bekommen … ich hatte beim Lesen die ganze Zeit Angst wie’s wohl endet, was sich so schön anhört.