Ein Schnipseltext zum Thema Nachhaltigkeit.
1.
Dieser Text ist nicht nachhaltig. Für seine Herstellung wurden 130 Gramm Papier aus 217 Gramm finnischer Lärche, deren Wachstum 4 Monate dauerte, wobei 21 Gramm Kohlendioxid gebunden wurden, denen 467 Gramm Kohlendioxid und 2,98 Liter Wasser, die während ihrer Verarbeitung freigesetzt bzw. verschmutzt wurden, gegenüberstehen, verwendet. 57 Kaffeebohnen mussten angepflanzt, mit 7 Gramm chemischem Dünger aus 16 Gramm hochgiftigen Ausgangsmaterialien gedüngt, mit 24 Litern Wasser gegossen, schließlich geerntet, getrocknet, geröstet, gemahlen, vakuumverpackt, nach Deutschland verschifft, und per LKW zum Supermarkt gefahren, verkauft, mit 6 Litern Wasser, das unter Einsatz von 0,9 Kilowattstunden Energie aus gemischten Quellen auf 100 Grad Celsius erhitzt wurde, aufgebrüht und getrunken werden, um den kreativen Prozess in Gang zu setzen, in dessen Verlauf das Gehirn des Autors insgesamt 2400 Kilokalorien verbrannte, die er durch den Verzehr eines großen XXL-Schnitzels vom Schwein, dessen Aufzucht und Zubereitung 12.000 Kilowattstunden Atomstrom verbrauchte, 72 Kilogramm CO2 freisetzte, 1256 Liter Wasser verschmutzte und das am Ende nicht einmal schmeckte, zu sich genommen hatte. Die Recherche der eben genannten Fakten verschlang 0,0007 Sekunden Rechenzeit und 0,02 Kilowattstunden Strom auf den Serverfarmen von Google, sowie 1 Stund Rechenzeit und 0,8 Kilowattstunden Strom auf meinem heimischen Rechner, bevor ich beschloss, dass Recherchieren bleiben zu lassen und mir sämtliche Zahlen einfach selbst auszudenken in der berechtigten Annahme, dass Sie, werte Leser, das alles ohnehin sofort wieder vergessen werden – oder könnten sie noch ohne nachzuschauen sagen, wieviel Gramm welchen Baums angeblich in diesem Text stecken?)
2.
Ob ein Text nachhaltig ist, verrät nicht seine Energiebilanz, sondern ob etwas von ihm in den Zuhörern nachhallt.
3.
Vergessen Sie alles, was sie eben gelesen haben. Ein Text, der sich um das Siegel für nachhaltiges Schreiben bewirbt, sollte zu einem möglichst großen Anteil aus Altideen, Second-hand- und second-brain-Gedanken, recycleten Pointen und gebrauchten Argumenten bestehen. Daher bin ich froh, in Punkt 6 einen Vorschalg zu präsentieren, den ich hier an dieser Stelle bereits vor 2 Jahren machte, was einer Recyclingquote von Prozent (auf die Wortanzahl bezogen sogar 40 Prozent) entspricht.
4.
Sanfter und nachhaltiger Tourismus gilt als besserer Tourismus als Massentourismus. Besser für die Umwelt, besser für die Reisenden, besser für die einheimischen Arbeiter in der Tourismusindustrie. Doch diese Aussage ist ungefähr so sinnvoll wie die Aussage, ein Regentropfen sei besser als eine vierzigtägige biblische Sinflut, denn die Sinflut bestand auch nur aus harmlosen Regentropfen und ein sanfter Tourismus, der zum Massentourismus wird, hört auf auf sanft zu sein, selbst wenn es nur um einen Ausflug an den Liebnitzsee geht. Sanfter Tourismus ist in aller erster Linie weniger Tourismus. Und eine Abkehr vom Massentourismus heißt vor allem: Dass die Masse nicht mehr Tourist sein kann. Aber die Masse hat sich sowieso immer nur mit Sangria besoffen und sich nicht für Land und Leute interessiert, die Masse soll mal schön zuhause bleiben und Doku-Soaps über Familien im Brennpunkt gucken!
5.
Die Zerstörung der letzten schönen, unberührten Flecken der Erde schreitet in atemberaubenden Tempo voran. Urwälder werden zu Palmölplantagen, Dünen zu Betonburgen, Wiesen zu Parkplätzen, Bauern zu Hotelangestellten, Gletscher zu Wasser, die letzten Exemplare mancher Fischart zu Fischstäbchen. Was kann der Einzelne in dieser Situation tun? Es verhindern? Unmöglich, das ist zuviel verlangt von einem Einzelnen. Die Antwort lautet: Verreisen! Ab in den Urlaub, solange es noch geht! Verreisen sie billig, dann könne Sie öfter verreisen! Machen Sie dass letzte Foto von den letzten ihrer Art und drehen sie das letzte Video vom letzten Fleckchen Regenwald, damit sie ihren Enkeln einst die Bilder zeigen können! Verwenden Sie dafür nur bestes Equipment. Wenn alle Wunder der Natur in ausreichendem Maße in HD und 3D abgefilmt sind, dann brauchen wir sie im Grunde genommen nicht mehr! Seien sie doch einmal ehrlich: Was nutzt Ihnen persönlich irgendein Korallenriff in der Südsee? Würden Sie freilebende Gorillas wirklich vermissen? Haben Sie nicht viel mehr von all den schönen Palmölprodukten als vom Urwald auf Sumatra? Und was haben die Eisbären und Wale eigentlich jemals für uns getan?
6.
Was den Wal angeht, muss ich mich revidieren und entschuldigen. Im Februar 2012 strandete vor der belgischen Küste der Wal Teofiel, dessen Kadaver zu 50 Prozent von einem kleinen innovativen Unternehmen zu Biodiesel verarbeitet wurde. Hier drängt sich natürlich sofort der Gedanke auf, dass Wale zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten könnten. Allein der aus diesem Tier gewonnene Brennstoff liefert 50.000 Kilowattstunden Strom, genug Strom, um 14 Haushalte ein Jahr damit zu versorgen oder eine halbe Million Liter Kaffee aufzubrühen. Beim Wal handelt es sich also um einen nachwachsenden Rohstoff von großem ökonomischen und ökologischen Potential.
Die Umwandlung von Walen, diesen ebenso liebenswerten wie energiereichen Meeressäugern in Biodiesel stellt daher eine zeitgemäße Art dar, unseren flossenbewährten Freunden einen angemessenen Platz im nachhaltigen Energiemix der Zukunft zuzuweisen. Für ein Land wie Deutschland würde schon die vergleichsweise kleine Zahl von 1,2 Millionen Pott- oder 0,7 Millionen Blauwalen ausreicht, um sage und schreibe 6,3 Prozent des Gesamtenergiebearfs zu decken.
Alternativ ließe sich dieselbe Menge auch durch Verdieselung des dicksten Viertels der US-amerikanischen Bevölkerung erzielen, allerdings gilt diese Bevölkerungsgruppe in Amerika als strategische Energiereserve für den Fall eines arabischen Ölembargos. Die Ausfuhr stark übergewichtiger Amerikaner, auch ins befreundete Ausland unterliegt daher strengen Beschränkungen.
Darüberhinaus könnte die Walzucht in küstennahen Walfarmen dem Tourismus neue Impulse geben. Insbesondere Massenschlachtungen in kleinen Buchten wären ein Besuchermagnet, der viel Geld in chronisch unterentwickelte Regionen bringen würde.
Selbstverständlich sind vorher noch einige Vorbehalte seitens von falsch verstandener Tierliebe geleiteter sogenannter „Walschützer“ auszuräumen.
Der Wal selbst steht vor einer historischen Entscheidung: Will er wie bisher fröhlich und gedankenlos in den Tag hineinleben, seine ulkigen Lieder pfeifen und auf das Aussterben warten? Oder ist er endlich bereit, Verantwortung für sich und den ganzen Planeten zu übernehmen und sich Seite an Seite mit seinem besten Freund, dem Menschen, dem Klimawandel und der Abhängigkeit von arabischem Öl und russischem Gas entgegenzustellen?
Eine bessere Welt ist möglich. Wir haben die Wahl. Denn wir haben den Wal!
7. Nachhaltiges Liebesgedicht
Nach Halt ich sehnt mich in der Welt
nach Antworten und Trost für mich
Ich fand sie nicht in Ruhm und Geld
hab lang die Frage falsch gestellt
doch dann trat aus dem dunklen Wald ich
und fand auf der Such nach Halt – Dich
One thought on “Nach Halt ich sehnt mich in der Welt”
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