(1) Das Bild der Woche
Okay, diesmal habe ich es nicht geschafft. Die „Bilder der Woche“ kommen zu spät, es sind die Bilder der vorletzten Woche. Das Internet ist in Aufruhr, die Menschen fragen sich (zu Recht): „Wieso zahl ich einen Haufen Kohle für Highspeed-Internet, wenn die Bilder der Woche dann doch Verspätung haben?“ Unmut macht sich breit, die Bevölkerung murrt, liest in ihrer Verzweiflung stattdessen Bücher von verrücktgewordenen Katzenkrimiautoren oder guckt Fußballspiele. All das tut mir sehr leid, aber nun ist wieder gut, hier sind sie ja endlich.
Wenn ich mich für ein Bild der Woche entscheiden müsste, dann für dieses:
Ich habe mir ein Klappfahrrad gekauft und war damit vorletzte Woche auf Slamtour in Regensburg, Konstanz und Wien. 35 Stunden im Zug, insgesamt 45 Minuten auf der Bühne, aber auch ein ganzer Tag auf dem Fahrrad quer durch Wien. Und zum Abschluss der Tour die Traumzugfahrt Wien – Berlin über Prag und durch das Elbsandsteingebirge. 10 Stunden, und ich fand es großartig!
Aber vor allem macht mich das Fahrrad gerade super glücklich. Nachdem ich solange nicht Fahrrad fahren konnte, bin ich jetzt gerade zu süchtig danach und fand es blöd, soviel auf Tour und dabei fahrradlos zu sein. Es ist so toll, nach einer langen Zugfahrt aus dem Zug zu steigen, das Rad aufzuklappen und durch die Stadt zu fahren.
(2) Wien
Wien ist wohl die großartigste Stadt, die ich kenne. Der Archetyp einer Stadt. Alles dort ist toll, sogar die hässlichen Teile sind auf großartige Weise hässlich, mit einer gewissen Grandezza und dennoch Lässigkeit. So wie die Wiener selbst. Stil und doch eine gewisse Schlampigkeit, der Hammer. Vielleicht nichts für jeden Tag, aber so ab und zu. Diese Momente, wenn Du als einziger Gast in einem leicht ramponierten, preiswerten Café sitzt und dann kommt diese ältere Damen mit blondierten Haaren und Leopardenfellmantel herein und sagt: „Der Herrr Magister Schenk hat eine Sendung für mich hinterlegt“ und der (natürlich mit Hemd und Weste bekleidete) Ober überreicht die Sendung vom Herrn Magister Schenk mit den Worten: „Bitte sehr, Gnädigste.“
Und dann steigst Du aufs Klapprad, fährst körperlich und moralisch gestärkt auf den fantastischen Wiener Radwegen zum tollsten Ensemble aus Müllverbrennungsanlage, Bahnhof und 70er-Jahre-Verwaltungsgebäude, das die Welt je gesehen hat, zum Würstl-Stand am Donau-Kanal, zum sowjetischen Ehrenmal (wo auch einen Tag später noch immer mit ordentlich Wodka der 8.Mai gefeiert wird) und ins obere Belvedere um Dir Klimts Kuss und lauter sowas reinzuziehen.
(Early Hipstamatic)
(3) Regensburg
Ebenfalls eine gewisse Großartigkeit kann die Universität Regensburg für sich beanspruchen, in deren Audimax einer der größten Poetry Slams stattfand, die ich je erlebt habe. Die Uni selbst ist architektonisch vielleicht nicht jedermanns Geschmack, der Audimax hatte den Charme und die Akustik deutscher U-Boot-Bunker und offenbar wurde der ganze Campus vom Architekten des Atlantikwalls entworfen, ein Alptraum aus grauem Beton, aber jetzt, wo ein neuer kalter Krieg mit Russland droht, wirkt es sich sicher gut auf die Lernergebnisse aus, wenn die Studenten sicher sein können, dass sie während der Vorlesungen vor russischen Atomschlägen sicher sind. Nach dem dritten Weltkrieg werden die Kakerlaken und die Regensburger Studenten die Erde beherrschen.
(Auftritt: Dalibor. Vor ungefähr 8.000 U-Boot-Matrosen Studenten)
(Architektur, die Aggressiv macht: Fee und Paddi)
(Architektur, die Aggressiv macht II: Christian Ritter, Indiana Jonas (glorious winner des Abends) und Paddi)
(Ein Fluchtfahrrad im Backstageraum beruhigt ungemein.)
(4) Zugabe
(Die trost- und einfallslosesten Grafittis der Welt findet man in Konstanz)
Und noch ein paar Regensburger Uniimpressionen:
(Überall laden gemütliche Sitzecken zum Verweilen ein.)
(Hab nicht geahnt, welch gute Dienste mir das Fahrrad im Inneren der Uni leisten würde!)
(Cooles Fahrrad!)
ein sehr fotogenes, wunderschönes Exemplar an multifunktionalem Stadt-Land-Zug-und-Flucht-Rad und tolle Bilder von gemütlichen Sitzecken und Fahrrad-Verweil-Plätzen ;-)) Viel Spaß weiterhin! LG Antje