Die halbe Wahrheit ist die schlimmste Lüge:
“Diese knapp zehn Prozent der Top-Verdiener in Deutschland sind mit 48,2 Prozent fast für die Hälfte des gesamten Einkommensteueraufkommens verantwortlich, die 30 Prozent Spitzenverdiener demnach sogar für 79 Prozent.”
Da ist er wieder, der alternative Fakt von den Top-Verdienern, die für alle zahlen müssen. Ein jährlich wiederkehrender Klassiker und ein schönes Beispiel für Tatsachenverdrehung durch Auslassung. Denn das größte Stück in der Steuereinnahmentorte ist die Umsatzsteuer mit fast einem Drittel der Gesamtsteuereinnahmen (2012: 32,4%USt, 30,1% Einkommens- und Lohnsteuer) . Von der Umsatzsteuer sind aber Geringverdiener und Arbeitslose genauso betroffen (verhältnismäßig sogar viel stärker).
Die 79% Einkommenssteuer der 30% Topverdiener entsprechen pi mal Daumen knapp 24% des Gesamtsteuereaufkommens. Allein das reichste Prozent der Deutschen hat aber (2008) schon 14,5 % des GESAMTEN EINKOMMENS verdient.
(Gerade Spitzenverdiener greifen vermehrt zur Sparwurst.)
Das “Institut der deutschen Wirtschaft”, das die Studie veröffentlicht hat, ist nicht gerade eine neutrale Instituition (man muss fairerweise sagen, das sie mit ihrem Namen auch nicht versuchen, diesen Eindruck zu erwecken). Spiegel Online ist das keine Erwähnung wert.
Man kann ja darüber reden, ob zum Beispiel mittlere Einkommen zu stark belastet sind, aber ein bisschen Redlichkeit bei den Zahlenspielen (und ein bisschen kritische Einordnung seitens der Presse) wäre ja doch schön.
Quellen:
Einkommensanteil Spitzenverdiener:
Steuereinnahmen nach Steuerarten:
Institut der Deutschen Wirtschaft und Beziehung zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Institut_der_deutschen_Wirtschaft
Das ist nicht nur die halbe Wahrheit sondern auch eine Aussage, die im Prinzip überhaupt nichts aussagt. Denn es fehlt natürlich die Information darüber, wie hoch der prozentuale Anteil der “10 Prozent Top-Verdiener” am Gesamteinkommen ist. Und der könnte aufgrund der geringen Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte (25%) letztlich größer als 48,2% sein.
Was dort nur steht, ist, dass Top-Verdiener mehr Einkommensteur zahlen als Nicht-Top-Verdiener. Ja, wer hätte das gedacht!?
Die Top 10 % zahlen auch bei einer allgemeinen Betrachtung die meisten Steuern, sie konsumieren ja viel mehr als der Durchschnittsverdiener. Der Anteil dürfte natürlich wesentlich kleiner als die 48 % bei der Einkommensteuer sein.
Es gibt nicht allzu oft Studienveröffentlichungen dazu (ist halt deutlich komplexer als die Einkommensteuer-Analyse), aber ich meine, daß zuletzt vor 2-3 Jahren etwas durch die Medien gegangen ist.
Guten Morgen
bin über Bildblog hierher gekommen.
Das Problem ist doch wohl, dass in den Redaktionen der Zeitungen/Zeitschriften entweder die Kapazitäten oder die Fähigkeiten fehlen, die Meldung der Institus der deutschen Wirtschaft zu verstehen und auseinanderzunehmen und dann “richtig” einzuordnen.
Da wurden teilweise Zahlen genannt, die ein “betroffener” Arbeitnehme nicht nachvollziehen konnte nach Blick auf seine Lohnabrechnung
Wo ist denn das Problem? Es geht um Einkommensteuern. Und diese muss erstmal jeder Arbeitnehmer zahlen, bevor er mit seinem Geld Umsatzsteuer generieren kann. Diese beiden Steuerarten zu vermischen halte ich für unseriös. Wenn man die Steuerbelastung der Spitzenverdiener kleinreden möchte, dann ist das sicher eine Möglichkeit.
Und wenn dann erstmal die Einkommenssteuer gezahlt ist, bleibt vermutlich trotz allem den Spitzenverdienern auch noch mehr Geld übrig, das sie wieder ausgeben und damit Umsatzsteuer generieren können.
Ganz wertungsfrei: Es würde mich doch sehr wundern, wenn nicht auch für den Großteil der Umsatzsteuer die Reichen verantwortlich wären. Einmal im Jahr ‘nen neuen Ferrari gekauft wiegt eben doch ‘ne ganze Menge Aldi-Einkäufe auf…
Richtig. Es bleibt mehr übrig. Ist das ein Problem? Sie haben mehr verdient, damit mehr Steuern gezahlt (Inhalt des Artikels), und können nun mehr Geld ausgeben, anlegen, was auch immer. Und wenn sie dabei mehr USt generieren, ist alles gut.
Allerdings sollte man sich keine Illusionen darüber machen, wer noch so alles das Geld erwirtschaftet, das die Herrschaften dann “verdienen”. Gerade bei Kapitalerträgen handelt es sich um leistungsloses Einkommen, das niedriger besteuert wird als das eines ehrlichen Malochers. Also mal nicht so tun, als sei da alles ganz dolle und entspannt.
Ähm. Ja.
Nein.
Sorry aber Ihre Argumentation liest sich als würden Sie auf die Aussage “10% der Bauern bauen 50% des Spargels an” mit “Ja aber da lasst ihr ja die Kartoffeln außen vor!” antworten.
Weder das DIW noch der Spiegel-Artikel den Sie verlinken bezieht sich auf etwas anderes als die Einkommenssteuer. Da lässt also auch niemand etwas weg.
Dass es deutlich unfairere Steuern gibt die die Geringverdiener besonders hart treffen bestreitet auch in dem Artikel niemand. Gerade zur Umsatzsteuer gibt es dort aber unterschiedliche Haltung, je nach dem ob man sich auf den Standpunkt einlässt, dass jemand der eine KFZ für 100k€ kauft auch in absoluten Zahlen mehr USt zahlt als jemand der eines für 30k€ kauft.
1/10 Punkten für den Strohmannversuch, +1 Bonuspunkt dafür, dass Sie es aufs Bildblog (wtf Bildblog?), in Summe 2/10 Troll-Punkten, would not rage again.
Ähm. Ja. Doch. Denn wenn wir der Einfachheit halber davon ausgehen, dass der Anbau von zwei Kartoffeln in etwa dem Aufwand dessen von einem Spargel entspricht, und es gäbe sechzehnmal so viele Kartoffeln wie Spargel, dann wären die Zahlen auf einmal gar nicht mehr eindrucksvoll, ne.
Und dass sich Reichtum immer mehr konzentriert, liegt halt auch daran, dass die Reichen eben nicht anteilig so viel konsumieren, als es Ärmere mit demselben Barbestand würden – ganz einfach, weil irgendwann mal fertig konsumiert ist und das Geld dann in Anlageformen fließt, auf die man keine Luxusteuer bezahlt.
Die Äpfel und Birnen – äh, Spargelstangen und Kartoffeln – liegen da eher bei Ihrem Vergleich. Denn was das DiW einfach als mathematisches Ergebnis heraushauen darf, sollten Journalisten (so wie sie auch beim Spiegel gelegentlich immer noch vorkommen) für ihre Leser einordnen.
Sind aber nicht 16mal so viel. USt und ESt sind in der Regel bis auf ein paar Prozente gleichauf. 13 und 14 War die ESt sogar Platz eins. Davor mehrere Jahre die USt und davor wiederum lange die ESt. Vor 99 rauszusuchen habe ich keine Lust.
Einordnen tut dieser Artikel hier auch nichts. Wegen 2,1% Unterschied so aufzufahren… 16 Mal ist allerdings noch besser…
Sie wollen es nicht verstehen. Es ging um ein Rechenbeispiel zwischen (reichen) Spargelbauern und (armen) Kartoffelbauern, nicht um das Verhältnis zwischen Umsatz- und Einkommenssteuer; und die Zahl 16 war ein Rechenbeispiel zur Vereinfachung, keine Tatsachenbehauptung zum Steueraufkommen.
“Die Top 10 % zahlen auch bei einer allgemeinen Betrachtung die meisten Steuern, sie konsumieren ja viel mehr als der Durchschnittsverdiener.”
Je weniger Geld jemand zur Verfügung hat, desto mehr gibt er für rudimentäre Lebenskosten aus. Prozentual gesehen sind Geringverdiener durch die Umsatzsteuer also wesentlich stärker betroffen.
@Spottdrossel.
Computer says no.
Zu einem Artikel, der Einseitigkeiten im Steuersystem (hier speziell bei der Einkommenssteuer) hervorheben möchte, gehört eben auch die Einordnung dieser am Gesamtsteueraufkommen. Ohne diese Infos kann man die ganze Sache nämlich überhaupt nicht richtig einordnen und sich den ganzen Artikel gleich sparen. Außer natürlich, man möchte die Sicht durch Weglassung gezielt trüben.
Darüber hinaus hier als Troll Trollpunkte zu verteilen und direkt ne inoffizielle Bildblogbeschwerdestelle einzurichten: gelegentlich einfach mal nach draußen gehen, ordentlich durchatmen und die Kirche im Dorf lassen.
Sorry ich hatte eine längeren Text geschrieben, der wollte aber wohl nicht durchgehen.
Ich fasse mich nochmal kurz (und dann folge ich mal Ihrem Rat und gehe nach draussen…)
Der Unterschied ist nicht sonderlich groß, USt und ESt wechseln sich mit der Spitzenreiterposition ab. Die Formulierungen hier im Artikel (“Tatsachenverdrehung durch Auslassung. Denn das größte Stück in der Steuereinnahmentorte ist die Umsatzsteuer mit fast einem Drittel der Gesamtsteuereinnahmen (2012: 32,4%USt, 30,1% Einkommens- und Lohnsteuer) ” sind auch nicht hilfreich sondern Meinungsmache. Beide Anteile sind ungefähr gleichauf wäre eine deutlich passendere Formulierung. Insbesondere da 13 und 14 die ESt den größten Anteil hatte und es in 16 wohl auch darauf hinaus läuft (hab ich nur kurz überschlagen, die 13 und 14 Zahlen gibt’s beim Finanzministerium).
USt und Einfluss auf höhere bzw. niedrigere Einkommen lassen sich nur schwer berechnen bzw. schätzen, das wurde weiter oben schon angeführt. Grundsätzlich gibt es da aber beide Positionen.
So – und jetzt raus für heute.
Schon mal Danke für die sachliche Antwort!
Also im Prinzip is das ja alles richtig, aber wenn man sich über die angeblich zu hohe Steuerlast eines gewissen Personenkreises gegenüber einer anderen Bevölkerungsgruppe beschwert, MUSS man zuallererst mal diese Steuerlast berechnen und zwar komplett, denn die verschiedenen Steuergesetzbücher ergeben ja auch erst zusammen das Steuergesetz.
Dass die Belastungen in Teilbereichen unterschiedlich sind, finde ich nicht besonders bemerkenswert, zumal die Basis der Einkommensteuer ja die Summe der Einkünfte ist und, wie auch oben im Artikel dargestellt wurde, macht es wenig Sinn über Prozentwerte zu diskutieren, deren Basis nicht benannt wird. Ob man das dann als Schlamperei oder Vorsatz auslegt, mag jedem selbst überlassen sein.
Interessanter fände ich die Gegenüberstellung: Wenn die 10% Topverdiener fast 50% der Einkommenssteuer zahlen – wie hoch ist ihr Anteil an den Einkommen? Der ist dann auch nicht wesentlich kleiner.
Durch die Steuerprogression werden sie zwar relativ stärker belastet als niedere Einkommen, aber da der Satz gedeckelt ist kaum stärker als mittlere Einkommen.
Auf jeden Fall geht eine stark asymetrische Verteilung bei der Steuer auch mit einer starken Asymetrie bei den Einkommen einher. Von dieser Schieflage soll die traurige Botschaft der hohen Steuern wohl ablenken. Sollen sie eben weniger arbeiten, dann müssen sie auch weniger Steuern zahlen, die armen Großverdiener.
Vielen Dank! Immer wieder ein Freude, wenn Sachverhalte kurz und knackig auf den Punkt gebracht werden. Erst recht nach den wenig zielführenden Scharmützeln oben. :)