In einer Regionalbahn ganz, ganz tief im Süden hing ein Schild: „Ohne gültigen Fahrschein doppelter Fahrpreis!“ Jemand hatte „preis“ durchgestrichen und durch „spaß“ ersetzt. Da musste ich ein bisschen schmunzeln. Die Bahn ist selbst Schuld, wenn sie so schöne Vorlagen liefert. Allerdings entspricht die Sache mit dem Spaß nicht unbedingt den Tatsachen. Ich weiß das, ich war nämlich selbst gerade ohne gültigen Fahrschein unterwegs. Also eigentlich war der Fahrschein gültig, aber nur in Verbindung mit meiner Bahncard, aber die lag auf meinem Schreibtisch und wie so oft hatte ich mal wieder vergessen, meinen Schreibtisch einzupacken.
„Oh, das ist schlecht. Dann müssen Sie nachlösen.“
„Ich hab nur … Moment … 11,50“ (Ich hatte auch den Tresor zuhause liegengelassen)
„Hm. Das reicht nicht. Kreditkarte?“
„Sparkassenkundenkarte.“
„Nein, die geht nicht. Dann machen wir das per Überweisung. Kann ich bitte Ihren Ausweis haben?“
„Ähm …“ (Nein! Den habe ich nicht einzustecken vergessen! Was Ihr schon wieder von mir denkt! Den habe ich vor kurzem verbummelt!)
„Sie fahren ohne Ausweis ins Ausland???“
„Najaaaaa … Österreich!“
„Hm. Dann müssen wir eigentlich die Polizei holen und eine Identitätsfeststellung machen. Warten Sie mal hier.“
Als er nach einer halben Stunde zurückkam, hatte er kein Sondereinsatzkommando bei sich, sondern nur einen Überweisungsschein über den Restbetrag und einen Zettel, auf dem ich eine Selbstauskunft geben sollte. Ich war so dankbar, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen wäre, zum Beispiel …. Spiders Adresse anzugeben …
Jedenfalls bin ich gestern 9,5 Stunden Zug gefahren, bzw. 9 Stunden, wenn man die halbe Stunde Aufenthalt in Lindau am Bodensee auf der Terasse des Hafencafés verbracht habe (hach, schön war’s). Ich bin nach Dornbirn gefahren. Kennst Du Dornbirn? Ja? Dann bst Du wahrscheinlich Dornbirner. Ich kann mir nicht vorstellen dass irgendjemand Dornbirn kennt, der kein Dornbirner oder Poetry Slammer ist. Denn merkwürdigerweise gibt es in diesem kleinen Örtchen den Spielboden, und dort findet zweimal im Jahr ein riesengroßer und unglaublich schöner Poetry Slam statt. 500 Zuschauer! Ich glaube nicht, dass in irgendeinem anderen Ort der Welt die Zahl der Poetry-Slam-Zuschauer in einem ähnlichen Verhältnis zur Einwohnerzahl steht!
Ich war bereits zum zweiten Mal da – letztes Mal hatte ich gewonnen, war deshalb wieder eingeladen und konnte meinen Dornbirner Meistertitel gestern mit großer Verbeugung an Lars Ruppel übergeben, der sich selbst und mich und alle anderen Slammer des Abends übertroffen hat.
Toller Abend mit zehn Slammern in der Vorrunde, sechsen im Halbfinale und – wegen annähernder Punktgleichheit – vieren im Finale. Markim Pause hat großartig moderiert und das Publikum war phantastisch. D da war ich auch gleich nicht mehr traurig wegen der 15 Euro Bearbeitungsgebühr, die ich werde bezahlen müssen, wenn ich in Berlin mit meiner Bahncard zum Schalter gehe, um die 68 Euro Nachzahlung nicht zahlen zu müssen. Außerdem habe ich noch ein schönes T-Shirt bekommen (danke, Robert!). Inzwischen kleide ich mich, zumindest T-Shirt-mäßig hauptsächlich bei Slams ein. Schön wäre, wenn es auch Schlüpfer und Strümpfe angeboten würden.
Epilog (in welchem die Motive Edding, Slam und Kleidungsstücke erneut aufgenommen und auf geniale Weise miteinander kombiniert werden)
Gestern habe ich das erste – und wahrscheinlich auch letzte – Mal ein Autogramm mit einem Edding auf einer Jeanshose gegeben. Nein, die kam nicht aus der Altkleidertonne, sie war durchaus ansehnlich und tragbar. Sie wurde schließlich auch getragen. In der Hose steckte ein Bein. Ein durchaus ansehnliches Bein vermute ich, denn es schien aus festem Fleisch zu bestehen und eignete sich gut als Schreibunterlage. Leider war es ein Männerbein, aber ich will jetzt nicht rumnörgeln. Keine Ahnung, wozu man ein Autogramm von mir auf dem Hosenbein braucht, doch eines weiß ich ganz sicher: Wenn ich mal Enkel habe und die kommen an und sagen: „Opi, Opi, morgen fliege ich zum Mars!“, dann sage ich: „Na und?! Ich hab mal auf einem Bein ein Autogramm gegeben!“
(Volker Strübing – mit schönen Grüßen aus einem Münchner Internetcafé)
Was für ein Text!
Ja, Volker, das ist das definitive Zeichen für Erfolg und Berühmtheit: Mit Männerhosenbeinen fängt es an und bei nackten Frauenpos hörts dann auf…;-)
… war in der tat ein sehr, sehr schöner slam. und von mir aus hättest nochmal du gewinnen müssen, aber so ist das eben im leben und anderswo. das leben ist hart, auch und besonders in einer weltstadt wie dornbirn.