Weblog & Podcast von Volker Strübing

Wie war das mit dem Opium des Volkes?

Datum: 27.08.06
Kategorien: Nachrichten aus der Scheinwelt

Schön, nach 2 Stunden Gefummel geht jetzt das Scrollrad an meiner neuen Maus. Das ist dann wohl das Play bei Plug & Play. Muss wohl so sein. Nachdem man ein Regal gekauft hat, muss man ja auch selbst Löcher in die Wand bohren. Obwohl sie von mir aus ruhig die Löcher mitverkaufen könnten. Ich bin auch nicht der Typ, der Pizzas selber belegt. Ich hätte gerne vollständige Produkte. Aber was Produkte angeht, muss man wohl zufrieden sein, mit dem, was man kriegt. Trotzdem frage ich mich, warum ich mir zum Beispiel die Zeitschrift „Galore“ gekauft habe. Nicht nur, dass sie wieder mal einen hässlichen Menschen vorne drauf hat, von den 13 Interview-Opfern kenne ich gerade mal zwei. Und dann so was, wie Notker Wolf, von Beruf Abtprimas (?) und „Repräsentant von mehr als 800 Klöstern weltweit.“ Der sagt Sachen wie: „Ich bin gegen die Ellenbogengesellschaft, aber auch gegen einen Sozialstaat, der nicht mehr bezahlbar ist. … Sozial Schwache, die sich selbst nicht helfen können, müssen wir mittragen. Das berechtigt aber nicht zu ungebührlichen Forderungen.“

Zu schade, dass sich nicht jeder sozial Schwache selbst helfen kann, und beispielsweise mit Wohnungen makeln oder Werbung designen oder Mäuse mit Scrollrad. Oder wenigstens wie Wolf Philosophie, Theologie und Naturwissenschaften studieren, und dann gebührlich leben von – ja von was eigentlich? Von seiner Hände Arbeit? Das sind eben so Fragen.

Fragen hat auch die „Galore“, zum Beispiel: „Ist eine Umverteilung der Reichtümer nicht gerechter als der harte freie Wettbewerb aller gegen alle?“

Wolf: „Eine Umverteilung der Reichtümer bringt nicht viel. Es gibt nun mal Menschen, die das Geld zusammenhalten können und andere, die nicht planen können, nicht bereit sind, unternehmerisch zu denken und auch mal ein Risiko einzugehen.“

Recht hat er! Kinder, 341 € ALG II sind nun wirklich keine unübersichtliche Summe, die sollte man doch wohl zusammenhalten können! Also wirklich! Übrigens mal ein kleiner Tipp: unternehmerisch handeln, mal ein Risiko eingehen – das macht man am besten mit fremdem Geld. Ist eben Pech für die Schwachen, dass ihnen keiner was leiht.

Und dann erfährt man in dem Interview noch, dass Entbehrung für Wolf ein wichtiger Begriff ist. „Wir haben keinen Anspruch auf unseren derzeitigen Wohlstand. Ich habe in Afrika und Asien viele Menschen erlebt, die viel weniger haben, als wir und glücklicher sind als viele Menschen in unserer Gesellschaft. Sie können sich auf die Solidarität der Großfamilie verlassen, lieben das Leben und verstehen zu feiern, ohne dafür eine Love-Parade inszenieren zu müssen.“

Er nun wieder. Also ich habe ja nichts gegen die Love-Parade. Leuten, denen man Großfamilie statt Rentenkasse schmackhaft machen will, sollte man doch wohl selbst überlassen, wie sie feiern. Hauptsache kein Kirchentag!

Ist schon gruselig, was alles so in dieser „Galore“ interviewt wird. Schnell weiterscrollen. Okay, ich weiß, das heißt bei Zeitungen nicht scrollen, sondern anders. Ich komme bloß gerade nicht darauf, wie.

(Andreas Krenzke)