Weblog & Podcast von Volker Strübing

Der Verlust der eigenen Sprache

Datum: 11.01.07
Kategorien: Privates

Jahrelang habe ich mich erfolgreich dagegen gewehrt, Senf zum Mostrich zu sagen, Block zum Karree, Fahrbahn zum Damm, Supermarkt zur Kaufhalle, Kita zum Kindergarten, Plastik zur Plaste. Nicht, das ich da besonders konservativ oder gar chauvinistisch wäre. Auch sollen Schwaben, Bayern und alle anderen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und wie sie es gewohnt sind – auch und gerade in Berlin. Aber ich hatte das selbe auch für mich gewollt. Und natürlich ein bisschen geschmunzelt, wenn Wahlberliner glaubten, am oder auf dem Prenzlauer Berg zu wohnen. Vielleicht kannten die ja auch jemanden auf der Charlottenburg oder im Wilmersdorf. Vorletztes Jahr titelte die Zitty: „Was essen Sie an Weihnachten?“ Ich fand das drollig und – schließlich soll das ja ein Berliner Stadtmagazin sein – auch ein bisschen frech. Ich belächelte Leute, die etwas unter der Woche machten, und die die Uhr nicht kannten. Die Viertel vor und Viertel nach sagten, aber mit Dreiviertel nichts anfangen konnten. Und jetzt passieren mir auch immer häufiger Fehler. „Guck mal, die Oma“, sage ich, „der Papa/die Mama/die Ruby/der Mirko.“ In der ersten Klasse ist mit das als besonders unhöflich erklärt worden, dieses versehen von Vornamen mit Artikeln. Und jetzt sage ich selber besonders unhöfliche Sachen und bringe die ausgerechnet meinem Kind bei. Aus Schluderei. Überlege aber noch, ob das wirklich schlimm ist.