Wenn die Dreharbeiten und die “Befindlichkeiten” es erlauben, gucke ich auch immer mal, wie es da so ist, wo wir gerade sind. Meistens ist es sehr schön. Es wird langsam Zeit für eine ausgleichende Dosis Hässlichkeit; es wird langsam Zeit für Berlin ;) Bevor die große Schönheitsmüdigkeit einsetzt.
Vorgestern waren wir auf Jan Mayen. Leider mit dem Flugzeug, weil unser Zeitplan durch die Verzögerungen geplatzt ist. Ich bin sehr traurig darüber, weil mir die Seefahrt mit Abstand am besten gefallen hat und der Kern der Geschichte sein sollte. Aber gegen Wetter ist kein Kraut gewachsen.
Dass wir überhaupt nach Jan Mayen konnten ist ein kleines Wunder. Eine Insel in der Grönlandsee, halb so groß wie Hamburg, bewohnt nur von knapp 20 Wissenschaftlern und Technikern und einem Station Commander. Schwarze Strände, an denen Treibholz aus Sibirien in der tiefstehenden Sonne leuchtet, Schroffe, moosbewachsene Felsen, Unheimliche Nebelbänke und faszinierendes Wolkenkino mit großem Finale, wenn die Wolken den 2277 Meter hohen Beerenberg, den nördlichsten überseeischen Vulkan der Welt freigeben. Und die Mitternachtssonne …
Und zwischendurch war uns sogar mal ein bisschen kühl. Endlich. Bisher hatten wir größtenteils besseres Wetter, als wenn wir in Berlin geblieben wären. Statt abgehärtet kommen wir wahrscheinlich total verpimpelt wieder, weil wir trotzdem die ganze Zeit mit unserer Arktisüberlebensunterwäsche rumrennen. Schade, dass das gute Wetter offenkundig solche Angst vor der offenen See hat, die alte Landratte!
Ein Besuch auf Jan Mayen ist nur wenigen vergönnt. Es gibt kein Hotel. Manchmal laden Kreuzfahrtschiffe für 2 oder 3 Stunden ein paar Touristen aus, aber auch das ist selten, da die Insel keinen Hafen hat und die Anfahrt mit dem Schlauchboot passieren muss und nur bei sehr günstigen Wetterbedingungen möglich ist. (So hatten wir das eigentlich auch geplant und es war sehr unsicher, ob das gelingen würde.) Bald soll die Insel ganz für Besucher gesperrt werden.
Wir waren knapp 24 Stunden dort. 24 Stunden, von denen wir 2 geschlafen haben. Der Rest war Drehzeit. Alerdings nur zum Teil mit Kirsten und mir, da noch ein Beitrag für eine Magazinsendung gedreht wurde. Schade, dass wir die paar Stunden Freizeit nicht nutzen konnten, da wir ständig auf Abruf waren und in der Station warteten.
Und dann war da noch die Sache mit einem Zeh …
Hier sind ein paar Fotos. Ich habe mich wieder einmal geärgert, nur meine Knipse mitzuhaben. Andererseits: Hätte ich den großen Fotoapparat mitgenommen, hätte ich ich dauernd geärgert, keine Zeit zum Fotografieren zu haben. Da ist es doch besser, rasch das kleine Ding aus der Tasche zu ziehen und abzudrücken.
Man weiß ja nie, wie doof die Passagiere sind …
Jan Mayen Airport:
Der Flug war recht interessant. Die Landung, um genau zu sein. Jan Mayen kann nur auf Sicht angeflogen werden – ein echtes Handycap bei einer Insel, die oft im Nebel liegt. Wir hatten Glück, haben es noch geschafft, bevor sich alles zuzog. Die Piloten unserer kleinen Propellermaschine flogen den Strand ab und suchten den Landeplatz, da sie auch noch nie hier gewesen waren. Ein paar Kilometer vor dem Flugfeld sind wir haarscharf an einem Felsen vorbeigeschrammt; das gab ein Hui!, als das Flugzeug in vielleicht 50 Metern Höhe plötzlich auf die Seite kippte. Keine Ahnung, ob der Felsen im einsetzenden Nebel so spät zu erkennen war, oder ob die Plioten einfach ein bisschen Spaß am Fliegen hatten.
Am nächsten Morgen sollte ein großes Transportflugzeug der norwegischen Luftwaffe Verwandtenbesuch und Ablösungen für die jeweils ein halbes oder ein ganzes Jahr auf der Insel lebenden Leute bringen und musste wegen Nebels wieder umkehren. Da gab es einige traurige Gesichter zu sehen, weil völlig unklar war, wann sie es wieder versuchen würden.
Zum Glück hat es gestern endlich geklappt, wie ich dem norwegischsprachigen Jan Mayen Tagebuch zu entnehmen glaube. (Komisch, dass da gar nichts über uns drin steht. Ich hätte wetten könen, dass die sich köstlich über uns amüsiert haben und einen lustigen Artikel über das ulkige deutsche Filmteam schreiben.)
So. Hier erst mal das obligatorische Suchbild mit Kirsten:
Und hier nochmal der Vulkan:
An der alten meteorologischen Station … um 0.18 Uhr Ortszeit.
Das da hinten ist der Felsen, an dem wir vorbeigeflogen sind. Das da vorne bin ich.
Olonkin City:
Die Station selbst sieht von aussen aus wie im Bild oben, ist aber sehr gemütlich, ganz anders, als wir erwartet hatten. Alles war sehr bequem und geräumig eingerichtet, gut beheizt, es gibt eine Bar und hier und da hängen Eisbärenfelle oder -köpfe und wir hatten erstmals seit Beginn der Reise Einzelzimmer. Mann, und wir Idioten schlafen nur zwei Stunden, statt die Kamera in die Ecke zu stellen und zu pennen, bis unser Flugzeug zurückmuss!
Die Post. Schade, dass ich keine Karten geschrieben habe. Aber ich hatte abwechselnd keine Zeit und keine Lust.
Durchs Fenster sieht man schon den Fussballplatz. Hier kommt er nochmal, extra für Steffi:
Die ganze Station ist mit Teppich ausgelegt, weshalb man dort nicht mit Schuhen reindarf. Wir mussten drin also auf Socken herumlaufen. Eine prima Gelegenheit, mir einen schweren, spitzen Gegenstand auf den Fuß fallen zu lassen, ein bisschen Jan Mayen vollzubluten und mir von der Stationsschwester Anne-Torin ein hübsches Souvenir mitgeben zu lassen:
Das komische graue Ding ist der “Skin-Stapler”, mit dem sie mir den linken Zeigezeh zugetackert hat …
Viele Grüße, mittlerweile aus Longyearbean/Spitzbergen, dass ich momentan auf Socken, bzw. auf einer Socke, einem Schuh und zwei Krücken erobere. Ich bin guter Hoffnung, dass es morgen wieder mit zwei Schuhen geht.
(Volker Strübing)
Habt ihr denn in Olonkin City wenigstens den Fußgängerschutzweg benutzt? Nicht, dass euch nachher noch was passiert.
… wo krich ich jetzt ein stipendium für zum fußballplätze in der arktis fotografieren her? gibts fördermittel? weiß einer was? ich bin ´n bißchen neidisch, grad.
Prima, du hälst dich in der Arktis frisch und hier leiden alle bei 32 Grad und mehr im Schatten unter dem Skandinavienhoch “Volker”! Hast du da unterwegs irgend was losgetreten? Ich hoffe dass dieser “Zufall” im Film oder im Buch, besser in beiden, eine überzeugende Erklärung erfährt.