Weblog & Podcast von Volker Strübing

Pferde quälen, Erbsen zählen, zwangsvermählen – das war Babuschka!

Datum: 28.05.10
Kategorien: Uncategorized

Zuersteinmal: Entschuldigung für den sinnlosen Titel :) Hat auch nichts mit dem Inhalt des Eintrages zu tun, fiel mir bloß gerade beim Duschen ein.

Gestern abend auf dem Nachhauseweg. 5 Wannen und drei Streifenwagen fahren im Schritttempo die Stargader Straße lang, 6 oder 7 weitere Wannen parken an der Gethsemane-Kirche. Eine Gruppe Polizisten in Bürgerkriegsoutfit steht neben einem der Fahrzeuge und raucht. Ich bin schon an ihnen vorbei, frage mich was los ist, dann kommt mir der Gedanke: Warum frage ich mich und nicht die Polizisten. Ich zögere noch einen Moment, dann gehe ich zurück und auf das Grüppchen zu.

“Guten Abend, äh, kann man fragen, was Sie hier machen?”

Einer dreht sich zu mir um, mustert mich abfällig (vielleicht bilde ich mir das auch nur ein).

“Rauchpause, sehnse doch!”

“Äh, haha, ja, also ich dachte, naja, ich wohne hier in der Gegend und wenn man so einen Aufmarsch sieht, da fragt man sich natürlich, was los ist und wird neugierig und da wollte ich mal nachfragen …”

Ein anderer Polizist erbarmt sich: “Jugendliche haben Bauzäune umgeschmissen. Darum sind wir hier. Damit das nicht wieder passiert. Damit Bürger wie Sie ruhig schlafen können.”

“Aha.”

“Aber jetzt machen wir Rauchpause!” Wieder der erste Polizist.

“Na dann, noch eine friedliche Rauchpause.”

“Jaja.”

Es war ganz offensichlich nicht das freundliche Team vom Bürgerkontakttelefon, wahrscheinlich waren sie es gewohnt, beschimpft oder bespuckt oder angegriffen zu werden, wenn jemand auf sie zuging und außerdem mussten sie in ihren unbequemen Panzern auf der Straße stehen und den ganzen Leuten in den Kneipen ringsum beim Feierabendbier zugucken, und außerdem waren es Berliner, das “Rauchpause, sehnse doch!” kann man wohl als Herz und Schnauze durchgehen lassen. Aber wie sie darauf kommen, das “Bürger wie ich” gut schlafen, wenn sich ihr Viertel im Belagerungszustand befindet, kann ich nicht nachvollziehen. Da wurden Bauzäune umgekippt und deshalb sah die Straße aus wie vor dem 1.Mai?

Neulich bin ich vom Hauptbahnhof aus mit dem Zug gefahren und auf dem Bahnhof patroullierten Polizisten mit Maschinenpistolen. Ich weiß nicht, ob sie das jetzt immer machen oder ob es da irgendeine Erhöhung der Alarmbereitschaft gegeben hatte. Bei mir löste das jedenfalls nicht das Gefühl aus, gut beschützt zu sein, nein, ich fühle mich unsicher, wenn ich denken muss: Offensichtlich ist es nötig, die Polizisten mit Waffen auszurüsten, die sie in die Lage versetzen, innerhalb von 5 Sekunden ganze Menschengruppen zusammenzuschießen. Und: Die haben doch nicht etwa wirklich vor, im Ernstfall mit diesen Dingern in einem vollen Bahnhof rumzuballern?! Und: Vor wem wollen sie mich damit schützen? Vor Taschendieben? Vor Fußballfans? Vor Schnorrern? Vor Selbstmordattentätern (Mist, hier kann ich  mich nicht in die Luft sprengen, da werde ich doch erschossen!)? Wahrscheinlich war die Anweisung zum Tragen von MPis einfach hirnloser Aktionismus, irgendein Politiker oder Beamter wollte sich nicht vorwerfen lassen, er hätte nicht alles getan, wie sinnlos es auch sein mochte. Vielleicht gibt es da draußen auch einen Haufen “Bürger wie Sie”, die sich tatsächlich sicher fühlen, wenn sie von schwerbewaffneten Polizisten umgeben sind … Hm. Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, es löst bei jedem ein ungutes Gefühl aus, das Gefühl, dass es wohl einen Grund dafür geben müsste und ganz schnell bist Du bei dem Gedanken: Mensch, hier auf dem ganzen Hauptbahnhof sind höchsten 10 Polizisten mit Maschinenpistolen unterwegs, das reicht doch nie, um dieses ganze Gebäude zu beschützen, denn genug kann die Polizei eigentlich nie tun.

(VS)

11 thoughts on “Pferde quälen, Erbsen zählen, zwangsvermählen – das war Babuschka!

  1. Schön geschrieben.
    Ist dann shcon krass wenn man das so sieht…

    Ich war mal per Zugschienenverbindungsgefährt nach Dortmund… Über all Polizei, ebenfalls mit Maschinengewehren. Vor dem Bahnhof mehrere Polizeibusse…. Ich hatte zuerst gedacht, dass ich ja ohne meines Mitwissens als Geisel gehalten wurde und nun befreit wurde…
    Taxifahrer hat nur gemeint: Heut is Fussball

    asoooooo ja dann is ja alles klar……..

  2. Das hier?
    http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/297160/index.html

    Is immer so eine Sache mit der Polizei, zum einen habe ich auch schon mal einen Prügelbullen angezeigt (der dann auch verknackt wurde), zum anderen kann man auch nicht nur das freundliche Team vom Kontakttelefon hinschicken, wenn hundert Leute freidrehen.

    Mit den Maschinenpistolen haste natürlich recht, ich glaube vor der jüdischen Schule in der Großen Hamburger stehen die auch manchmal mit Maschinenpistolen …

  3. Vielleicht ist das ne abgelutschte Sache wenn ich von Mexiko erzähle aber ich denke in Europa kommt nicht allzu viel in den Medien, deswegen hier ein paar Anekdoten. Wenn uns hier irgendwie auffällig viel Patroullien erscheinen ist die Reaktion sofort: schnell um 180° drehen. Hier muss es gleich eine Schiesserei geben. Vor 2 Monaten gab es eine schlimme Schiesserei, einen halben Block von der Wohnung meines Freundes entfernt, bzw direkt vor der Universität, an der 2 Studenten erschossen wurden (offiziell). Ehrlich gesagt weiss keiner was genau passiert. Ich war dort und die Fenster haben im Rahmen gezittert, was wahrscheinlich auf die Granaten zurückzuführen ist. Ich selbst hatte meine Wohnung in der Altstadt, der schönste und gleichzeitig schlimmste Teil der Stadt. Eines Morgens durfte ich nicht in meine Strasse einbiegen, und mein Mitbewohner durfte nicht raus, und kaum komm ich vor einen Fernseher sehe ich meine Strasse im Nachrichtenkanal, weil anscheinend ‘ne Stunde zuvor irgendetwas fürchterliches abgegangen ist, die vermummten Marine Soldaten mit MG oder was weiss ich für schweren Geschützen waren noch 30 Stunden nach dem Chaos vor meinem Haus und als ich sie fragte was abgeht und ob wir ”sicher” sind meinten sie nur sie sind hier aus Prävention. Na grossartig. Vermummte, bis auf die Zähne bewaffnete Soldaten gucken mir beim giessen meiner Pflänzchen zu, und nein Volker man fühlt sich nicht sicher. Das Problem das hinzukommt ist, dass die sehr brutal sind und dumm wie Tortillas, was bedeuten kann, wenn du ihnen nicht allzusehr passt, können die auch schnell auf dich schiessen. Solche Tote gab es mehrere in den letzten Wochen bei uns. Und ja, was wäre die mexikanische Polizei ohne ihre Korruption? Bis heute wurde ich von niemandem Zivilen überfallen in Mexiko. Wohl aber von Polizeibeamten. Ich merke auch gerade, dass ich extrem an schreibquali verloren habe. ups. :)

  4. Hier in Nürnberg ist es zwar noch nicht soweit das sie mit MPis rumstehn aber anlässlich der letzten Übergriffe durch Neo-Nazis werden die Beamten plötzlich so nervös das sie letztens sogar nen Stadtbus mit gezogener Pistole gestürmt haben weil 3 oder 4 angetrunkene Jugendliche einen Schrank von Neo-Nazi angepöbelt haben.
    Die zunhemende örtliche Präsenz erfüllt mich mich auch mit Unbehagen.

  5. Ich hab mich seiner Zeit von Vater Staat zum Töten ausbilden lassen. Heute bin ich der Meinung, wer sich für einen Pazifisten hält, sollte zusehen, dass er was über’s Militär lernt. Alles andere ist Heuchelei (z.B. keine Ahnung vom Militär haben und den Tod von Zeit- und Berufssoldaten in irgendwelchen sinnlosen Einsätzem mit den Worten “selbst schuld” zu kommentieren).

    Was ich eigentlich erzählen wollte:
    Irgendwann während meinem Wehrdienst hatte ich wie alle anderen auch Wache. Ich bekam ein geladenes G3 in die Hände gedrückt und durfte mir nachts von 2 bis 4 Uhr als Torposten die Beine in den Bauch stehen oder als Patroullie am Kasernenzaun entlang stapfen. Immer zwei Mann mit ordentlich Abstand, damit wenn es einen erwischt, der andere weit genug weg ist, um reagieren zu können – wie auch immer. Gerspochen wird dabei nicht.
    Wenn man so viel Zeit und nichts Sinnvolles zu tun hat und dabei eine tödliche Waffe in den Händen hält, dann macht man sich so seine Gedanken. Wen die wohl noch alles hier hin stellen? Und wer wohl jetzt gerade irgendwo mit einer geladenen Knarre in der Heide steht allzeit bereit zum tödlichen Schuss.

    Vor der Wache gibt es immerhin eine Art Schnellkurs. Dort wird einem erklärt, wie man sich unbefugten Eindringlingen auf’s Kasernengelände gegenüber zu verhalten hat. Ruhig bleiben und freundlich – aber bestimmt! Meistens sind es betrunkene Jugendliche oder Leute, die den Sprit aus den LKWs klauen wollen. Die soll man dann festnehmen, aber um Gottes Willen blos nicht verletzen. Die klagen dann. Und die Waffe? “Wer schießt, steht mit einem Bein im Knast”, heißt es immer. Und dann wird einem erklärt, dass man auch gewalttätige Eindringlinge anders überwältigen kann, als sie zu erschießen. Dabei soll man allerdings immer darauf achten, dass man eine überlegene Bewaffnung benutzt. Will der Angreifer einen schlagen, dann soll man mit dem Gewehrkolben zurückhauen. Hat der Angreifer gar ein Messer, dann darf man schonmal als Warnung in die Luft schießen. Wird man trotzdem angegriffen, dann wegrennen und Hilfe holen (kein Witz sondern Befehl!). Auf die Frage hin, wofür wir dann eine geladene Waffe brauchten, beschrieb mir der Herr Oberleutnant als Antwort folgendes Szenario:

    “Wenn Sie sehen, dass jemand einen schon brennenden Molotov Cocktail in den Händen hält und gerade ausholt, um diesen durch ein Fenster zu werfen, von dem Sie wissen, dass dahinter gerade friedlich ihre Kameraden schlafen, dann dürfen Sie auf den Werfer schießen, um ihre Kameraden zu retten. Sie sollten dann aber erstmal auf die Beine zielen!”

    Und genau für diesen Fall stehen 24 Stunden am Tag überall in Deutschland, verteilt auf hunderte von Kasernen Jungs und Mädels zwischen 17 und Mitte zwanzig mit geladenen Knarren in der Gegend herum und fragen sich, was passieren muss, damit sie den Abzug drücken.

    Ich könnte mir vorstellen, den Polizisten am Bahnhof geht es ähnlich. Keiner von denen geht morgens auf die Arbeit und denkt sich: “Heute schieß ich einen über den Haufen.”

    Die Methode Abschreckung durch Waffenpräsenz wirkt natürlich bisweilen übertrieben und man kann sich über die Effektivität streiten. Wie könnte man das also vermeiden? Indem man immer genau so viele Polizisten mit genau der Bewaffnung einsetzt wie gerade nötig, um die schlimmen Dinge vor denen man wohl Angst hat zu verhindern. Im Idealfall also gar keine. Aber das würde bedeuten, dass man zur Beurteilung der Lage genau wissen muss, was passiert, wer da unterwegs ist und was passieren könnte. Mit anderen Worten: die Alternative zur Abschreckung heißt Überwachung. Ich persönlich hab ja eher weniger Angst vor nem Polizisten mit MP, der sich vermutlich auch nicht besonders wohl fühlt, als davor permanent überwacht zu werden. Pessimisten würden jetzt wahrscheinlich einwerfen, dass sich beides nicht ausschließt.

  6. @lambada
    Ich hab leider keine Ahnung vom Militär im Speziellen. Und eine Frage wurmt mich nun doch, nachdem ich deinen Kommentar vernommen: Wer genau ist denn nun also schuld, wenn man als ungeladener Gast am Hindukusch abkackt?

  7. Him, nach meiner Information (die zwar von einem Schießausbilder des BKAs stammt, allerdings auch schon 4 Jahre alte ist) sind die MPs mit denen die Polizei in Deutschland ausgestattet sind nur für Einzelfeuer ausgelegt. Sind also nur große und zielsichere “Pistolen” und nicht grade geeignet Menschengruppen zusammenzuschießen. Geb dir aber recht, ein großes Polizeiaufgebot sorgt auch bei mir nicht grade für Nervenruhe.

  8. @ dexter: Du und ich und alle die wählen dürfen.

    Gegenfrage: glaubst Du ein Feuerwehrmann mag es wenn’s brennt?

  9. @lambada:
    Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich …
    Was genau hat denn ein Feuer in Afghanistan mit deutschen Feuerwehrvereinen zu tun?
    Und warum ist der deutsche Wähler Schuld am Tod von Feuerwehrmännern?

  10. Alle Feuerwehrmänner/frauen freuen sich schon wenn´s brennt. Wobei sie immer sowas wie “also nichts schlimmes nur Aktion” dazu sagen.Vermutlich damit sie nicht als Menschen wahrgenommen werden, welche sich am Unglück – oder im schlimmsten Fall- am Tod von Anderen laben.

    Polizisten mit MPi, das ist schon was ungewohntes … eigentlich. Und, im Grunde sollten wir sehr froh sein, dass es bei uns (noch) etwas ungewohntes ist. Drei Wochen Israel machen euch gegen soetwas nebenbei völlig immun. Da rennt euch eine 19 jährige Blonde mit Kalaschnikov/Schulter-Uzi/Ähnlichem hinterher. Die Dame leistet gerade ihren (zwei jahre anhaltenden) Wehrdienst ab und jede Reisegruppe von offiziell bekommt so eine Militärtante/-onkel zurseite gestellt.

    Daran gewöhnt mansich schnell!

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