Ich kann nicht fassen, was geschieht: Dass ein Atomkrieg in Europa plötzlich wieder in den Bereich des Möglichen rückt. Die ganzen Bilder, mit denen man mich in meiner Kindheit gequält hat, die ganzen äußerst detaillierten Beschreibungen der Leiden der Opfer von Hiroshima und Nagasaki, all die Mahnungen, dass “die Lebenden die Toten beneiden werden” kommen wieder hoch und bescheren mir Alpträume. Die Spätergeborenen haben Glück, dass es ihnen erspart blieb, als Kind bei jedem Sirenengeheul zusammenzuschrecken, bis ihnen einfiel, dass es Mittwoch um eins und dies nur der wöchentliche Testlauf war.
“Atomkrieg”, das klingt nach alten Science-Fiction-Filmen, aber nicht nach etwas, wovor man konkret Angst haben müsste. Wer wäre schon so verrückt und grausam, Atombomben einzusetzen, wer würde hunderte Millionen Menschen verdampfen, verbrennen und verstrahlen? Wer kann sich Deutschland erneut in Trümmern vorstellen? Wer würde auch nur zu denken wagen, dass seine Familie, seine Freunden oder er selbst in einem sinnlosen Krieg umkommen? Hierzulande ist seit auf den Tag genau 69 Jahren und 9 Monaten Frieden, das bleibt doch jetzt für immer so, oder?
“Atomkrieg” klingt so bizarr und vielleicht ist das Teil des Problems, weil so wenige diese Gefahr ernst nehmen.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand einen Krieg zwischen der Nato und Russland will, aber auf beiden Seiten gibt es genug Politiker und Militärs, die bereit sind, ihn in Kauf zu nehmen. Die lieber uns opfern würden, als irgendein ominöses Gesicht zu verlieren oder als Schwächling dazustehen. Es braucht keinen Angriffsplan; die Mätzchen, die jetzt schon gemacht werden, die Manöver, de Provokationen könnten reichen. Ein einziger kleiner Fehler, ein Missverständnis, ein einziger etwas zu wagemutiger Pilot oder Kommandeur kann das Pulver entzünden, und dann kann niemand mehr zurück, bis eine Seite nur noch einen allerletzten Ausweg sieht.
Und eins könnt ihr wissen: Sowohl in Brüssel als auch in Moskau sitzen sie längst wieder an ihren Sandkästen und veranstalten Planspiele, prüfen Optionen für einen “begrenzten Atomwaffeneinatz” und berechnen, wieviel Prozent der Bevölkerung einen Nuklearkrieg überleben müssten, damit man das Ganze noch als Sieg verbuchen kann.
Nein, ich glaube nicht, dass es soweit kommt. Es ist zwar nicht unmöglich, aber, so hoffe ich, unwahrscheinlich. Aber selbst eine Wahrscheinlichkeit von 0,01 Prozent wäre angesichts dessen, was uns bedroht, unerträglich groß. Es ist wie eine umgedrehte Lotterie, bei der man überhaupt nichts gewinnen, aber absolut alles verlieren kann. Und für einen Hauptverlust braucht es nicht unbedingt einen Sechser mit Zusatzzahl, sondern ein lumpiger Vierer wäre genug.
Bleibt die Frage, was wir tun können. Vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment, Panik zu schüren, in der Hoffnung, dass sie sich als unbegründet erweist. Der richtige Moment, um die Friedensbewegung wiederzubeleben. Eine Friedensbewegung, die sich nicht von Reichsbürgern und anderen Spinnern vereinnahmen lässt und die groß und stark genug ist, um es zu verkraften, wenn ein paar verrückte Schlagersänger mitmarschieren. Eine Friedensbewegung, keine Pro-Putin-Bewegung, eine Bewegung gegen all die starken Männer mit ihren markigen Sprüchen auf beiden Seiten. Es braucht viele Menschen, eine echte Volksbewegung, ein lautes Nein all jener, mit deren Leben hier gespielt wird. Und dafür braucht es ein Bewußtsein der Gefahr, in der wir schweben.
Drei Dinge noch:
1. Ich habe keine Ahnung, wie die Krise zu lösen ist. Nur falls sich jemand fragt, wo meine diplomatische Initiative bleibt.
2. Trotz aller Fehler, aller Arroganz, aller Wortbrüche seitens der NATO und der EU halte ich persönlich Russland für den gefährlicheren Akteur. Es gibt aber einige Leute, die ich sehr schätze und die alles andere als naiv oder putinbegeistert sind, die die NATO als das Hauptproblem ansehen. Solange man sich einig ist, dass letztlich auf beiden Seiten gemeingefährliche Alpha-Affen an den roten Knöpfchen rumspielen, sind die Gemeinsamkeiten aber viel wichtiger als unsere Meinungsverschiedenheiten.
3. Eigentlich schreibe ich diesen Beitrag, damit mir möglichst viele Leute schreiben, dass ich mich irre und mir mal keine Sorgen machen soll. Bitte beruhigt mich!
Und damit dieser Beitrag nicht so düster endet, hier noch eine kleine Liebesgeschichte: “Mein schöner kalter Krieg”
Ich wünschte, ich könnte uns beide beruhigen. Mir geht’s aber nicht anders als Dir. In jeder Hinsicht.
Nein, in jeder Hinsicht nicht. Durfte nicht in Kathrin Müllers Poesie-Album reinschreiben… ;-)
Ich hoffe, es geht alles gut aus. Aber ich mache mir Sorgen.
Ich mache mir Sorgen, weil in den USA irrationale Geister sich in der Politik ausbreiten, wie ein Schimmelplaque. Man kann über den Kalten Krieger Reagan sagen, was man will, aber unter Ihm gab es keine Probleme mit allumfassender Bespitzelung, keine Probleme mit einer überbordenden grotesk aufgerüsteten Polizei. Das erodiert die Fähigkeiten der USA zur demokratischen Raionalität.
Ich mache mir Sorgen, weil die EU – im Angesicht ihrer absurden Überalterung – nicht mehr die politische Kraft aufbringt zu gestalten. Mainstream-Politik in EU-Ländern ist ein permanentes, alternativloses Rückzugsgefecht gegen eine voranschreitende Realität.
Aber vor allem mache ich mir Sorgen, weil in der russischen Föderation ein faschistisches Drecksregime herrscht. Bekannte und Verwandte rechnen bereits mit Ausreiseverboten. Und Druck destabilisiert dieses kranke Land nur noch mehr.
Ein Lichtblick: Die Leute im Kreml sind vielleicht zynisch und dumm (zumindest haben die dummen Zyniker das sagen), aber sie sind keine nihilistischen ISIS-Typen, keine sektenartig organisierten Nordkoreaner. Solange die Machtmittel beim Kreml liegen, wird der Selbsterhaltungstrieb, die Lust aufs das Ende der Welt überwiegen. Hoffentlich.
Nein, Du irrst Dich. Mach Dir mal keine Sorgen!
Auch wenn die Bildung und Intelligenz der breiten Bevölkerung mitunter groteske Auswüchse zeigt, so glaube ich doch fest daran, dass wir uns zumindest angesichts der Geschichte mit einer diplomatischen Regelung begnügen. Wenn eine demokratische Abstimmung zum Thema Krieg stattfindet: Ich bin dagegen.
Aber man kann es auch so sehen: solange wir uns um uns selbst wegen eines möglichen Atomkriegs Sorgen machen (darunter machen wir es doch gar nicht mehr), lenkt uns das fabelhaft vom eigentlich schon eingetretenen Leid in der Ukraine selbst ab. Sind wir doch froh, dass wir es noch Krise nennen könne. In der Ukraine ist es ein Krieg, der von den Russen mit immer neuen Waffen befeuert wird, während radikalere Stimmen aus der NATO über Waffenlieferungen diskutieren. (Und auch die Diskussion darüber ist wahrscheinlich schon Teil einer Strategie.) Aber Deine Bekannten haben schon Recht: die NATO ist schuld, die über Waffenlieferungen diskutiert, und nicht Russland, das seit fast einem Jahr Waffen (und mehr) liefert. Ballaballa? Ja.
“Ich mache mir Sorgen, weil die EU – im Angesicht ihrer absurden Überalterung – nicht mehr die politische Kraft aufbringt zu gestalten.”
Ja, das klingt gut, aber was heißt es? Was ist denn eine “absurde Überalterung”? Ist das ein Plädoyer für das “Sozialverträgliche Frühableben”? Oder wie? Oder jung=gut und alt=schlecht? Oder was? Was können wir dagegen tun? Wieder jünger werden?
tja, irre. Jetzt musste wohl Folge 7 von Schnipselfriedhof umschreiben und aus “Nazis” “Weltmächte” machen. Hats Dir jemals was gebracht, Angst vor der aktuellen Situation zu haben? Und is Angst nicht auch DAS populäre Mittel, um die Bevölkerungen unter Kontrolle zu halten? Ich hab dafür auch keine Lösung, aber ich hab grad so festgestellt, dass ich das letzte halbe Jahr mich mit fast nix anderem ausnander gesetzt hab, als mit der aktuellen Lage, dabei extrem viel auf FB rumgegammelt hab und einen Riesenbogen um die “Lügenpresse” gemacht hab – nicht weil die, wie die Nazis sagen, verlogen sind, sondern weil sie pro-amerikanische Berichterstattung vorziehen und die etwaigen objektiven Berichte außerhalb der Hauptsendezeit bringen. Und das nur, um dabei festzustellen, dass der Effekt durch die restlichen Medien, durch das politisch-motivierte Milieu, in dem ich mich bewege, derselbe is: Ich habe wieder Angst, werde depressiv, komm nicht aus der Hüfte und hab den ganzen Tag diesen ausweglosen Dreck im Kopf. Ich hab ja schon um Pegida und Nopegida n Bogen gemacht, obwohl ich in Dresden wohne, weil Nazis einfach scheisse sind und ich denen so oder so keinen Nährboden liefern will und eigentlich von vornherein klar war, dass sie durch ihre Inhaltslosigkeit an ihre Grenzen stoßen, zerfallen und bestenfalls in gewaltbereit und nicht gewaltbereit aufsplitten werden. Natürlich ist das der falsche Weg, als Antifaschist und als denkender Mensch. Aber man ist ja nicht nur denkender Mensch, sondern auch fühlender Mensch und eine Revolution schafft man nicht, wenn man sich die ganze Zeit scheisse fühlt und zulässt, dass diese ganze Scheisse das eigene Denken beeinflusst, zumal man in so einem Zustand eh nicht zu einer guten Lösung kommt, wenn man nicht ab und zu etwas Abstand dazu gewinnt. Zumindest dürfte das die Grundvoraussetzung sein, für den Fall, dass man seine Zeit für Aktion gekommen sieht und man einen einigermaßen klaren Kopf braucht, um den gefassten Entschluß auch (positiv) umzusetzen.
Also tu Dir doch n Gefallen und lass Dich nicht von diesen Alpha-Pennern mit ihren roten Knöpfen fertigmachen. Wo sind die überhaupt Alpha? Wer an dem Punkt angekommen ist, ist moralisch, intellektuell, eigentlich vom gesamten Menschsein her, maximal noch Theta. Und ich denke, das solltest Du nicht vergessen: so jemand darf nicht Macht über Deinen Geist besitzen. Geh und kauf Dir ne Packung Fleischsalat, denk ein wenig an was Schönes, an süße Rachetexte über verflossene Ex-Freundinnen und komm ma wieder klar. Ich fänds jedenfalls schön, ma wieder was vom bissigen Volker Strübing zu hören und nicht von dem zahnlosen Strübing, der nach der Kuve zum Zahnarzt sucht.
Zahnlos zum Zahnarzt? Hm.
ja, Strübing mit Mundfäule auf der Bühne, kriegt kein Wort raus, weil kein Bock. Und dann der Versuch, Brücken ins Leere zu bauen und den Rest zu füllen. http://www.deutscherkarikaturenpreis.de/typo3temp/pics/946c5f4d6a.png
“Ich hab dafür auch keine Lösung, aber ich hab grad so festgestellt, dass ich das letzte halbe Jahr mich mit fast nix anderem ausnander gesetzt hab, als mit der aktuellen Lage, dabei extrem viel auf FB rumgegammelt hab und einen Riesenbogen um die “Lügenpresse” gemacht hab – nicht weil die, wie die Nazis sagen, verlogen sind, sondern weil sie pro-amerikanische Berichterstattung vorziehen …”
… die natürlich verlogen ist, weshalb die Nazis ja doch Recht haben, was sie aber eigentlich nicht können, weil sie ja Nazis sind und ich bin keiner, glaub ich jedenfalls, aber auf jeden Fall gammel ich lieber bei FB rum, was ja ein amerikanischer Konzern aber deswegen nicht pro-amerikanisch ist, zumindest nicht so wie die Lügenpresse, die aber nicht so genannt werden darf, weil das nach rechts klingt, aber eigentlich doch stimmt. Die ist doch pro-amerikanisch, also FÜR die Amerikaner, aber man muss doch GEGEN die Amerikaner sein, weil die doch in der Ukraine … eh … nix machen. Also NOCH nix.
jetzt komma wiieder runter. Als wenn die Linke hundert Prozent medienkonform wär. Ich hab weder gesagt, dass ich für die Amerikaner, noch für die Russen, noch für Pegida, noch für nopegida-Demos, um auf Nazis zu zeigen bin. Letzteres unterstütz ich nich, weils Pegida nicht schadet, sondern die Assis nur aufheizt. Und auf Aggro schieben gegen Gott und die Welt hab ich einfach grad kein Nerv mehr, da nützt mir n Tom, der mich in die Ecke stellt, auch nix. Zumindest solange nich, wie der nörgelnde Tom keine Universallösung parat hat. Macht mich aber auch nicht zum Rechten, nur weil der Tom mein Nichtstun nebst seinem eigenen Nichtstun abseits von Genörgel anprangert. Von mir aus kann der Tom auch in irgendeine Richtung rennen, die er für politisch korrekt oder gar links hält, dann muss er halt zurückrennen, wenn er sich verlaufen hat. Vielleicht isser dann ja schlauer, vielleicht wirkt er auch vorher schlauer als ich – aber es macht ihn unter sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht sauer. Vielleicht sollte er mal darüber nachdenken, denn mir den Tag zu versauen, weil er seinen Tag versaut sieht, wird weder etwas an seiner, noch an meiner Laune, noch an der Weltgeschichte ändern. Und vielleicht hat er ja noch nicht mitgekriegt, dass es mein erklärtes Nicht-Ziel ist, ohne Rücksicht auf Verluste blind in die Bresche zu schlagen, sondern eher mal abzuwarten und zu gucken, wo es sich vielleicht mal lohnt, was zu machen, was langfristig auch n Sinn macht. Sinn macht es jedenfalls nicht, Angst, Hass und Gewaltphantasien zu haben. Vielleicht hat er auch einfach die Gänsefüßchen übersehen, als ich n Ausdruck der rechten Szene benutzt hab. Vielleicht erklärt er sich mal selber und seinen großen Plan, die Welt zu retten, statt mir ans Bein pissen zu wollen.
Jedenfalls mag ich den Strübing und finds halt scheisse, wenn der sich ernsthaft das Leben versauen will. Das is doch kontraproduktiv.
Klar, nee, alles wird gut.
Bald kommen die Amis mit einem riiiiiiesen Container voll Waffen und schütten damit die ganze Ukraine zu und dann ist Ruhe im Karton, weil sich unter den Waffen kein Mucks mehr tut ;)