Vor allem bin ich ja in Urlaub gefahren, um ein bisschen zu lesen, dazu komm ich ja praktisch nie. Nie! Obwohl ich zum Beispiel 2014, wie eine relativ genaue Rechnung am Jahresende ergab, knapp 650 Stunden im Zug verbracht habe. Aber da gab es natürlich andere Dinge zu tun. Zuerstmal mein Zugbüro mit allen Ladegeräten, USB-Hubs, externen Mäusen und Festplatten und Stiften und Zetteln und Weißnichwas einrichten, dann einen Fertigsalat mit externen Maiskörnern und Dosenmandarinen pimpen, noch einen vierten Kaffee aus dem Bordbistro holen und dann so langsam schon mal das Büro wieder einpacken, weil man ja gleich aussteigen muss. Während der 15 Minuten, die der bis dahin pünktliche Zug vor dem Zielbahnhof dann noch wegen eines belegten Gleises herumsteht, kann man endlich ein paar Seiten lesen.
Jetzt aber: Urlaubszeit, Lesezeit. Klar, dass wäre auch auf Rügen gegangen, sogar viel besser wegen des lesefreundlichen Wetters, aber dreieinhalb Wochen Rügen kann sich doch kein Mensch leisten, also ab nach Thailand, Text-Tourismus!
Eins der Bücher, die ich bisher hier gelesen habe, war „The Circle“ von Dave Eggers und ich muss sagen, dass ich selten etwas derart literarisch minderwertiges gelesen habe. Ich habe schon Corinna- und Bergdoktor-Romane gelesen, die besser geschrieben waren. Und das obwohl ich überhaupt noch keine Corinna- oder Bergdoktor-Romane gelesen habe! Man merkt dem Buch an, dass der Autor sich nur für die Message und seine Ideen interessiert, das ganze Werk ist aufgebaut wie ein Computerspiel, die Heldin springt Kapitel für Kapitel von Level zu Level einer immer totalitärer werdenden Circle-Google-Facebook-Apple-Welt; es entfaltet sich eine Ideologie, die genauso apokalyptisch, größenwahnsinnig und intolerant ist wie der Faschismus oder der Islamismus, dabei aber nett bis zum Erbrechen.
Die Ideen, die in the Circle stecken sind alllesamt sehr interessant, die Dystopie ist erschreckend, weil sie im Gegensatz zu den Figuren und der Handlung sehr glaubwürdig ist – und das ist das Problem mit diesem Buch. Er wollte eine Botschaft loswerden, okay, aber ein wenig Mühe und Liebe hätte er doch in die Charaktere investieren können. Oder einfach ein Sachbuch schreiben, das hätte ich wahrscheinlich mit größerem Gewinn und mehr Spaß gelesen. Gegen Ende wird die Dummheit und Naivität der Hauptfigur so extrem, dass man das Buch in die Ecke pfeffern und laut schreien will: „Und für den Scheiß bin ich nach Thailand geflogen?!“
Naja, lest es meinetwegen trotzdem. Das Thema ist wichtig und interessant und ich würde gern mit ein paar Leuten darüber diskutieren. Nicht zuletzt, um spätestens nach dem dritten Bier darauf hinzuweisen, dass ich bereits 2006 in der Erzählung „Fiat Deus“ viele der Sachen vorweggenommen habe, damals aber natürlich viel zu visionär und meiner Zeit voraus war, weshalb ich den SF-Wettbewerb für den ich sie geschrieben habe nicht gewann und daraufhin zu dem verbitterten alten Mann wurde, den ihr alle kennt unnd liebt …
Was ich aus „The Circle“ mitgenommen habe: „Teilen ist Heilen“ und wer etwas Tolles erlebt und dann nicht mit anderen teilt, ist ein übles Ego-Schwein. Dabei hatte ich schon überlegt, ob ich euch in eurem kalten grauen Deutschland mit Urlaubsbildern verschone, aber jetzt habe ich doch beschlossen, meine Pflicht als moderner Mensch zu erfüllen und ein paar hoffentlich besonders neidisch machende Fotos rauszusuchen, um damit anzugeben um sie euch unter die Nase zu reiben um laut ÄTSCHEBÄTSCHE zu machen um meine schönen Erlebnisse brüderlich mit euch zu teilen. Nur falls ihr euch gefragt habt, was die Bilder eigentlich mit dem Text zu tun haben.